Die heuristische Evaluation, ursprünglich von Nielsen und Molich (1990) entwickelt, ist eine Methode zur Beurteilung der Benutzerfreundlichkeit von Benutzeroberflächen. Bei dieser Technik evaluieren Experten das Interface anhand vordefinierter Usability-Prinzipien, den sogenannten Heuristiken. Diese Methode ermöglicht es, Usability-Probleme zu identifizieren, bevor das Produkt den Endnutzern präsentiert wird, und ist besonders effektiv in den frühen Phasen des Designprozesses. Es ist ein kostengünstiger und schneller Ansatz, der weit verbreitet ist, um die Benutzererfahrung zu verbessern (Nielsen, 1994).
Vorbereitung
Die Vorbereitung einer heuristischen Evaluation beginnt mit der Auswahl der Evaluatoren. Idealerweise sollten drei bis fünf Usability-Experten beteiligt sein, die tiefgehende Kenntnisse in den Prinzipien der Mensch-Computer-Interaktion besitzen (Nielsen und Molich, 1990). Die nächsten Schritte umfassen die Festlegung der zu verwendenden Heuristiken, wobei oft auf die von Nielsen (1994) vorgeschlagenen zehn Heuristiken zurückgegriffen wird. Diese müssen jedoch möglicherweise an den spezifischen Kontext des zu evaluierenden Produkts angepasst werden. Abschließend wird ein klares Verständnis der Ziele der Evaluation definiert, was für die Ausrichtung und den Fokus der Analyse entscheidend ist.
Die Durchführung beginnt damit, dass jeder Evaluator das Interface individuell prüft. Die Experten identifizieren und dokumentieren Probleme, die im Widerspruch zu den definierten Heuristiken stehen. Jedes identifizierte Problem wird hinsichtlich seines Schweregrades bewertet, was hilft, die Dringlichkeit von Designänderungen zu bestimmen (Nielsen, 1994). Diese Phase erfordert eine gründliche Untersuchung des Produkts, oft durch mehrere Iterationen, um sicherzustellen, dass keine signifikanten Probleme übersehen werden.
Auswertung
Nach der individuellen Bewertung treffen sich alle Evaluatoren, um ihre Ergebnisse zu diskutieren und zu konsolidieren. Diese Diskussion ist entscheidend, um eine konsistente und umfassende Sicht auf die Usability-Probleme zu gewährleisten und die Prioritäten für die Behebung festzulegen (Nielsen und Mack, 1994). Ein abschließender Bericht fasst die Ergebnisse zusammen, bietet eine Priorisierung der Usability-Probleme und schlägt spezifische Verbesserungen vor.
Vor- und Nachteile
Die heuristische Evaluation bietet mehrere Vorteile: Sie ist kostengünstig, erfordert wenig Zeit und keine echten Benutzer, was sie ideal für frühe Designphasen macht. Ein wesentlicher Nachteil ist jedoch, dass die Effektivität der Methode stark von der Erfahrung der Evaluatoren abhängt. Zudem werden bestimmte Usability-Probleme, die nur in der tatsächlichen Anwendungsumgebung sichtbar sind, möglicherweise nicht erkannt (Gray und Salzman, 1998).
Weiterführende Literatur
- Nielsen, J. (1994). "Heuristic Evaluation." Usability Inspection Methods. John Wiley & Sons. Beschreibung: Dieses Buch bietet eine detaillierte Einführung in die Methoden der Usability Inspektion, darunter die heuristische Evaluation.
- Nielsen, J., & Molich, R. (1990). "Heuristic Evaluation of User Interfaces." Proc. ACM CHI 90. Beschreibung: Der Artikel, der die heuristische Evaluation einführt, erläutert die Grundprinzipien und die Durchführung dieser Evaluationsmethode.
- Nielsen, J., & Mack, R.L. (1994). Usability Inspection Methods. John Wiley & Sons. Beschreibung: Eine umfassende Übersicht verschiedener Usability Inspektionsmethoden, einschließlich Fallstudien und Anleitungen zur Durchführung.
- Gray, W.D., & Salzman, M.C. (1998). "Damaged Merchandise? A Review of Experiments that Compare Usability Evaluation Methods." Human-Computer Interaction, 13(3), 203-261. Beschreibung: Eine kritische Bewertung verschiedener Usability-Evaluationstechniken, die Effizienz und Effektivität verschiedener Ansätze vergleicht.