Design Thinking ist ein iterativer Prozess, um komplexe Problemstellungen zu untersuchen und zu lösen. Im Fokus steht dabei immer der Mensch. Benutzer und Benutzerinnen eines Produktes bzw. einer Dienstleistung sollen verstanden werden, Annahmen werden in Frage gestellt und Probleme neu definiert.
Ziel hierbei ist, neue Strategien und Lösungen zu finden, die bei einer ersten Betrachtung noch nicht erkannt werden konnten. Design Thinking ist eine Art zu denken, zu arbeiten und gezielt Methoden anzuwenden. Dazu sammelt ein Team Ideen und Konzepte in Brainstormingsessions, welche sie in Skizzen und Prototypen umsetzen und testen. So entwickeln sie ein Verständnis für Nutzer und Nutzerinnen und es können zuvor unbekannte Probleme erkannt und bearbeitet werden. So ist Design Thinking eine Möglichkeit, mit Komplexität effektiv und kreativ umzugehen.
Auf komplexe Problemstellungen werden innovative Antworten und Lösungswege gesucht. Die besten Ergebnisse lassen sich hierbei durch multidisziplinäre, heterogene Teams erarbeiten. So wird sichergestellt, dass die Ideen nicht eingeschränkt sind. Wichtige Erfolgsfaktoren sind Teamdenken und ein Gefühl von Gemeinschaft. Konkurrenzdenken ist hier fehl am Platz, Lösungen werden gemeinsam im Team erarbeitet. Um sich kreativ ausleben zu können, ist ein flexibler, offener Arbeitsraum ein weiterer Erfolgsfaktor. Es eignen sich Flipcharts, Whiteboards und andere Präsentationsflächen.
Heute gibt es verschiedene Varianten des Design Thinking Prozesses. Diese variieren jeweils von drei bis zu sieben Phasen bzw. Prozessstufen, welche je nach Bedarf wiederholt werden dürfen. Im Prinzip funktionieren alle Arten der Methode jedoch auf eine ähnliche Art und Weise. Hier befassen wir uns mit dem 5-Schritte Design Thinking Prozess gemäss Hasso-Plattner-Institut. Zuerst wird das zu untersuchende Problem mit einer «How-might-we-Question» umschrieben, aus Sicht einer Nutzers bzw. einer Nutzerin. Dazu werden anhand der nachfolgenden Prozessschritte Lösungen gesucht (Prototypen).
Kontext verstehen & beobachten
Im ersten Prozessschritt wird der Kontext des Problems bzw. der Aufgabe näher untersucht. Das Team entwickelt ein einfühlsames Verständnis für die Problemstellung. Wissenslücken werden entdeckt und es wird weitläufig recherchiert. Dabei ist es auch möglich, Konkurrenzprodukte zu analysieren. In einem zweiten Schritt gilt es, das Problem aus Sicht eines echten Nutzers bzw. einer Nutzerin zu betrachten und zu verstehen. Es dürfen auch Experten konsultiert werden.
Methoden wie Beobachtungen und Interviews werden angewendet. Die Auswertung der Methoden liefert wichtige Insights über die Nutzer und Nutzerinnen, wie persönliche Erfahrungen und Motivation. Zudem werden Verhaltensmuster und Bedürfnisse erkannt.
Ebenso wichtig für einen menschenzentrierten Designprozess ist Empathie. Empathie ermöglicht Design-Denkenden, persönliche Weltansichten beiseite zu legen und sich in die Schuhe eines echten Nutzers bzw. einer Nutzerin zu versetzen. Die gesammelten Informationen finden im nächsten Design Thinking Prozessschritt Verwendung.
Sichtweise (und Problem) definieren
Nun werden alle zuvor erarbeiteten Erkenntnisse zusammengeführt und Kernprobleme definiert. Daraus wählt das Team einige Erfolg versprechende Erkenntnisse aus, diese geben die Richtung für die zu erarbeitenden Lösungen an. Die Problemstellung stellt nach wie vor den Mensch in den Mittelpunkt. Bei Formulierungen ist darauf zu achten, nicht Zahlen zu verwenden, sondern menschenzentriert zu bleiben.
Als Grundlage zur Ideenfindung dienen fiktive Nutzergruppen und Personas. Fokus hierbei sind Emotionen, um sich mit den erarbeitenden Personas und Nutzergruppen identifizieren zu können.
Ideen entwickeln
Nachdem in den vorherigen Phasen ein Verständnis für den Nutzer bzw. die Nutzerin und deren Bedürfnissen und Emotionen geschaffen wurde, geht es in dieser Phase des Design Thinking Prozesses darum, vielseitige Ideen zu sammeln, mit denen Probleme gelöst werden könnten. Dies kann von Features und Funktionen bis zu grossen Neuerungen alles mögliche beinhalten. Hier bieten sich Kreativitätsmethoden an, aber auch klassische Methoden wie Brainstorming, Rollenspiele oder die «Worst-possible-idea»-Methode. Am besten werden mehrere Methoden ausprobiert und kombiniert. Ziel ist es, über den Tellerrand hinauszuschauen, frei zu denken und evtl. auch die Problemstellung zu erweitern.
Die Ideen können in Gruppen gesammelt und weiter ausgearbeitet werden. Wichtig ist, die Ideen immer wieder mit den Erkenntnissen und Nutzerbedürfnissen aus den vorangegangenen Phasen abzugleichen.
Prototypen bauen
Von den zuvor gesammelten Ideen wählt das Team nun einige aus, und beginnt, diese konkret zu erweitern und auszuarbeiten. Um die Ideen in die Realität umsetzen zu können, werden Prototypen von unterschiedlicher Art gebaut. Zuerst erfolgt die Umsetzung von einfachen, schnellen Prototypen, beispielsweise in Papierform oder mit Karton. Sie sind kostengünstig und schnell erstellt. Dabei muss nicht immer das gesamte Produkt abgebildet werden. Es können auch nur Teilfunktionen abgebildet werden.
Es handelt sich hierbei um eine experimentelle Phase mit dem Ziel, die bestmögliche Lösung für die zuvor definierten Problemstellungen zu erarbeiten. Prototypen vermitteln ein allgemeines Verständnis des Produktes und dessen Grundfunktionen. Sie können im Team, im Freundeskreis oder einer Abteilung für ein erstes Feedback getestet werden. Iteration ist durchaus erwünscht. Prototypen werden gebaut, getestet und überarbeitet oder verworfen.
Am Ende der Phase erhält das Team ein Verständnis für mögliche Limitationen und Einschränkungen bei der Umsetzung der gefundenen Ideen. Zudem geben Prototypen ein Feedback darüber, wie Kunden und Kundinnen mit dem Produkt interagieren, wie sie sich dabei fühlen und verhalten. Um die Prototypen i grossen Stil an Nutzern und Nutzerinnen testen zu können, werden diese entsprechend aufbereitet (beispielsweise ein Video oder eine Präsentation).
Prototypen testen
Die fertiggestellten Prototypen können nun an echten Nutzern und Nutzerinnen iterativ getestet werden. Gezielt werden ausgewählte Aspekte und Funktionen des Prototyps untersucht. Es können auch Fragen beantwortet werden, wie ein Nutzer oder eine Nutzerin intuitiv mit einem Produkt umgeht. Wichtige Erkenntnisse werden gesammelt und fliessen in überarbeitete Versionen des Prototyps ein. Durch Iteration werden die Prototypen detailgetreuer und funktionaler. Durch ständige Verfeinerung des Prototyps wächst das Verständnis des Produkts wie auch das Verständnis über dessen Anwender. Ziel ist eine finale Version eines Prototyps, woraus schlussendlich ein echtes Produkt erarbeitet werden kann.
Wie sich zeigt, ist Design Thinking nicht zwingend ein linearer Prozess. Die einzelnen Schritte können beliebig oft wiederholt, übersprungen oder Parallel durchlaufen werden. Alle Phasen tragen einen Teil zum Projekt bei. Je nachdem, was für Feedback aus den einzelnen Schritten hervorgeht, wird ein erneuter Durchlauf initiiert. Zudem können Ergebnisse der einzelnen Phasen zusätzliche Erkenntnisse über Nutzer und Nutzerinnen liefern, die zu erneuten Ideensammlungen und Entwicklung von zusätzlichen Prototypen oder auch Problemstellungen führen.
Literaturempfehlung
- Hasso-Plattner-Institut. (o.D.). Was ist Design Thinking? Abgerufen am 21. Mai 2021, von https://hpi.de/school-of-design-thinking/design-thinking/was-ist-design-thinking.html
- Dam, R. F. & Siang, T. Y. (o.D.). What is Design Thinking and Why Is It So Popular? Abgerufen am 21. Mai 2021, von https://www.interaction-design.org/literature/article/what-is-design-thinking-and-why-is-it-so-popular