Im Rahmen einer aktuellen Studie der Fachhochschule Graubünden und Transparency Schweiz wurden auslandsaktive Schweizer Unternehmen befragt, um festzustellen, wie stark diese von Korruption betroffen sind. Der Beitrag fasst die Studienergebnisse zusammen und beleuchtet die möglichen Gründe für die hohe Korruptionsanfälligkeit der betroffenen Unternehmen.
Das globale Umfeld der Korruption
Korruption ist weltweit verbreitet und hat in den letzten zehn Jahren global nicht abgenommen. Der Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International zeigt, dass sie in vielen Ländern sogar zugenommen hat. Auch in wichtigen Wachstumsmärkten und Zielländern der schweizerischen und deutschen Exportwirtschaft ist das Korruptionsniveau hoch. Dazu gehören beispielsweise China oder Indien. Aber auch im südlichen Afrika, in Osteuropa und Zentralasien sowie in Lateinamerika und der Karibik ist Korruption immer noch weit verbreitet. Gerade auf internationalen Märkten stehen Unternehmen oft unter hohem wirtschaftlichem Druck. In fremden Rechtssystemen und unbekannten politischen und kulturellen Verhältnissen kann Korruption verlockend erscheinen, um bürokratische Hürden zu überwinden oder sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Dies macht deutlich, dass sich Unternehmen, die im Ausland tätig sind, aktiv mit dem Korruptionsrisiko auseinandersetzen müssen. Vor diesem Hintergrund geht die aktuelle Studie der Frage nach, wie häufig Schweizer Unternehmen im Ausland mit korruptem Verhalten konfrontiert sind und in welchem Umfang sie informelle Zahlungen tatsächlich leisten sowie welche Präventionsmassnahmen ergriffen werden.
Art und Ausmass der Korruption durch Schweizer Unternehmen
An der Studie nahmen 539 auslandsaktive Schweizer Unternehmen aller Grössen und Branchen teil. Die Studie zeigt, dass 52% der befragten Unternehmen im Ausland mit Forderungen nach informellen Zahlungen oder Geschenken unter der Hand konfrontiert werden (s. Abbildung 1). Von diesen Unternehmen leisten 63% solche korrupten Zahlungen. Die Ergebnisse der Studie belegen somit, dass jedes dritte Unternehmen im Ausland korrupte Zahlungen leistet. Im Durchschnitt geben die Unternehmen 5,6% ihres Umsatzes im jeweiligen Zielland für informelle Zahlungen und Geschenke unter der Hand aus.
Es zeigt sich, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ebenso häufig mit der Forderung nach informellen Zahlungen oder Geschenken unter der Hand konfrontiert werden wie Grossunternehmen. Die Unternehmensgrösse hat auch keinen entscheidenden Einfluss darauf, ob und in welcher Höhe solche Zahlungen geleistet werden.
Mehr als drei Viertel der Schweizer Unternehmen, die im Zielland mit Dritten wie Agenten, Vermittlern oder Vertriebspartnern zusammenarbeiten, gehen davon aus, dass von den beauftragten Dritten informelle Zahlungen oder Geschenke unter der Hand erwartet werden (s. Abb. 1). Von diesen Unternehmen gehen 85% davon aus, dass die beauftragten Dritten tatsächlich informelle Zahlungen oder Geschenke unter der Hand leisten, wenn diese von ihnen erwartet werden. Die befragten Unternehmen schätzen, dass Dritte, die für sie im Zielland tätig sind, durchschnittlich 9% des im Zielland erzielten Umsatzes für korrupte Transaktionen ausgeben.
Stand der Anti-Korruptionsmassnahmen bei Schweizer Unternehmen
Unternehmen, die im Ausland tätig sind, setzen bereits verschiedene Massnahmen zur Korruptionsprävention ein. Als häufigste Massnahme wird die schriftliche Dokumentation aller Geschäftsvorgänge, disziplinarische und/oder arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Verstössen gegen gesetzliche, regulatorische und unternehmensinterne Vorschriften sowie die schriftliche Verpflichtung beauftragter Dritter auf die Einhaltung gesetzlicher und unternehmensinterner Vorschriften. Obwohl die Unternehmen ihre Massnahmen zur Korruptionsprävention in den letzten Jahren ausgebaut haben, scheinen sie heute genauso häufig oder sogar häufiger korrupte Handlungen zu begehen als noch vor rund zehn Jahren.
Fazit
Mehr als die Hälfte der im Ausland tätigen Schweizer Unternehmen sieht sich im Auslandsgeschäft mit Forderungen nach informellen Zahlungen oder Geschenken unter der Hand konfrontiert. Jedes dritte Unternehmen leistet tatsächlich solche korrupten Zahlungen. Trotz des grundlegenden Ausbaus der Präventionsmassnahmen in den letzten Jahren dürften viele Schweizer Unternehmen immer noch über unzureichende Vorkehrungen zur Korruptionsbekämpfung verfügen. Dies dürfte durch die nur vereinzelte Strafverfolgung zusätzlich befördert werden.
Jeanine Bretti Rainalter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der FHGR. In Forschung und Beratung beschäftigt sie sich mit Themen der unternehmerischen Verantwortung und untersucht dabei die Rolle von Unternehmen bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen im internationalen Kontext.
Hauser, C., Herkenrath, M., Hilti, M., Stampfli, R., & Bretti Rainalter, J. (2024). Auslandskorruption bei Schweizer Unternehmen – neue Erkenntnisse zu Risiken und Gegenstrategien. Chur/Bern: FHGR Verlag/Transparency International Schweiz.