{"id":1376,"date":"2023-05-25T10:49:50","date_gmt":"2023-05-25T08:49:50","guid":{"rendered":"urn:uuid:410368df-9ff6-48c0-b0b3-3ab06d0a8169"},"modified":"2023-05-25T10:49:52","modified_gmt":"2023-05-25T08:49:52","slug":"wohnungsnot-in-der-schweiz-warum-wir-die-wurzel-des-problems-angehen-muessen","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/blog.fhgr.ch\/ibar\/wohnungsnot-in-der-schweiz-warum-wir-die-wurzel-des-problems-angehen-muessen\/","title":{"rendered":"Wohnungsnot in der Schweiz:“ Warum wir die Wurzel des Problems angehen m\u00fcssen“"},"content":{"rendered":"\n
Wohnungsnot in der Schweiz ist ein dr\u00e4ngendes Problem, das viele Menschen betrifft \u2013 und im Wahljahr auf der politischen Agenda den Spitzenplatz eingenommen hat. Entsprechend reichen politische Forderung je nach Partei von Vorkaufsrecht, Zuwanderungsverbot, Verbot von Airbnb, mehr Genossenschaftswohnungen \u2013 das Raumplanungsgesetz und Zweitwohnungsgesetz zu lockern, mehr zu Bauen\u2026 bis hin zum Verbot oder Abschaffung von Baugesetzen. Doch das alles sind nur zielf\u00fchrende oder weniger zielf\u00fchrende Bausteine die Situation mildern, aber das Kernproblem damit nicht l\u00f6sen.<\/p>\n\n\n\n\n
Mit diesen Ideen und L\u00f6sungsvorschl\u00e4gen wird nur an der Oberfl\u00e4che gekratzt, und die Symptome der Wohnungsnot werden bek\u00e4mpft, anstatt sich mit den zugrunde liegenden Ursachen auseinanderzusetzen. In diesem Blogartikel werden die Wirkungszusammenh\u00e4nge analysiert und aufzeigt, warum es wichtig ist, das Problem an der Wurzel anzugehen.<\/p>\n\n\n\n
Die Wohnungsnot in der Schweiz hat erhebliche Auswirkungen auf Einzelpersonen, Familien und die Gesellschaft als Ganzes. Steigende Mietpreise, ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum und die Zunahme von Obdachlosigkeit sind nur einige der Probleme, die durch die Wohnungsnot verursacht werden. Diese Auswirkungen haben weitreichende Konsequenzen und beeinflussen das Wohlergehen der Menschen sowie die soziale und wirtschaftliche Stabilit\u00e4t des Landes. Parallel zur L\u00f6sung des Problems ist es ebenso von entscheidender Bedeutung, sich mit den Auswirkungen der Wohnungsnot auseinanderzusetzen, um das Bewusstsein f\u00fcr die Dringlichkeit der L\u00f6sung dieses Problems zu sch\u00e4rfen und die Notwendigkeit eines umfassenden Ansatzes zur Bek\u00e4mpfung der Wohnungsnot zu betonen.<\/p>\n\n\n\n
Massnahmen zur Bek\u00e4mpfung der Symptome der Wohnungsnot umfassen insbesondere Wohnraumf\u00f6rderung von Genossenschaften oder Subventionierung von Wohnungen bspw. \u00fcber Erg\u00e4nzungsleistungen die Schaffung von Sozialwohnungen. Staatliche Unterst\u00fctzung f\u00fcr einkommensschwache Haushalte, Bereitstellung von Notunterk\u00fcnften und tempor\u00e4ren Unterk\u00fcnften sowie die F\u00f6rderung von Genossenschaften und gemeinn\u00fctzigen Organisationen. Diese Massnahmen zielen lediglich darauf ab, den Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu lindern und akute Wohnungsprobleme sozial benachteiligter Bev\u00f6lkerungsgruppen zu bew\u00e4ltigen.<\/p>\n\n\n\n\n
Mietpreisregulierungen, Eingriffe in Eigentumsrechte wie Mietpreisdeckelung, Renditebeschr\u00e4nkung etc. haben politisch selten Mehrheiten und werden kaum realisiert.<\/p>\n\n\n\n\n
Lockerung von Gesetzen wie das Zweitwohnungsgesetz, oder Raumplanungsgesetz, Neueinzonungen werden das Problem und die Zersiedlung versch\u00e4rfen.<\/p>\n\n\n\n\n
Alle diese heute aktuellen Massnahmen sind oft vor\u00fcbergehender Natur und gehen nicht die eigentlichen Ursachen der Wohnungsnot an. Um langfristige L\u00f6sungen zu finden, m\u00fcssen auch die strukturellen Probleme wie Entkoppelung der Baut\u00e4tigkeit von der Nachfrage, Treiber der Partikularinteressen, wirtschaftlichen Interessen und Problematik von Wachstumstrategien, Anlagedruck und bei gleichzeitigem Anlagenotstand und Zinspolitik angegangen werden.<\/p>\n\n\n\n
Im Rahmen meiner langj\u00e4hrigen Forschung zur Wohnraum(fehl)entwicklung sind die zugrunde liegenden Ursachen f\u00fcr die Wohnungsnot in der Schweiz ein Cocktail von Faktoren. Faktoren wie eine hohe Nachfrage nach Wohnraum aufgrund von Bev\u00f6lkerungswachstum, begrenzte Baulandressourcen, fehlende Investitionen in den sozialen Wohnungsbau und spekulative Immobiliengesch\u00e4fte. Die Hauptursache ist das Wirtschaftswachstum. Direkt damit im Zusammenhang steht die Zuwanderung.<\/p>\n\n\n\n\n
Die Anzahl Vollbesch\u00e4ftigte hat sich seit 1960 fast verdoppelt und dadurch auch die Nachfrage nach Wohnraum. Doch die Zuwanderung als S\u00fcndenbock zu lancieren ist nicht stichhaltig. Selbst haben wir nicht gen\u00fcgend Arbeitskr\u00e4fte, und unsere Wirtschaft ist so stark gewachsen, dass wir auf Zuwanderung angewiesen sind. Diese Menschen brauchen auch ein Dach \u00fcber dem Kopf. Darum wird in zehn Jahren mit zehn Millionen Menschen in der Schweiz gerechnet. Wohnraum h\u00e4tte es rein rechnerisch aktuell genug, doch Angebot deckt sich nicht mit der Nachfrage. Was fehlt sind Wohnungen zu tragbaren Mieten und die Wohnungen die durch Zweitwohnungen, Airbnb, Businessapartemts dem Markt entzogen sind.<\/p>\n\n\n\n\n
Denn gebaut wird insbesondere f\u00fcr Rendite und nicht f\u00fcr Meschen. So entstehen Wohnungen, die niemand will oder bezahlen kann. Es wird auch nicht unbedingt zuwenig, aber nicht das was dem Bedarf der Gesellschaft entspricht gebaut.<\/p>\n\n\n\n\n
Treiber unter anderem sind eine exorbitanter Anlagedruck, dem ein Anlagenotstand entgegensteht. Versch\u00e4rft durch Niedrigzins \u2013 und expansive Geldpolitik entsteht eine zunehmend volatile Wirtschaftslage. Die Investition in Immobilien ist f\u00fcr viele, insbesondere institutionelle Anleger, der einzige Ausweg ihr Geld in Immobilien zu parkieren und so mitunter auch vor Inflation zu sch\u00fctzen. So entsteht Betongold. Die Summen, die in den letzten Jahren in den Immobiliensektor flossen, sind so enorm, dass sie die Gesetze des Marktes ver\u00e4ndert haben. Entsprechend ist die Wohnungsproduktion unflexibel und konnte respektive wollte der Nachfrage nie folgen, weil wir ein System und Anreize geschaffen haben, das die ad\u00e4quate Produktion von Wohnraum verunm\u00f6glicht. Wohnraum wurde zum Finanzprodukt. Wohnen ist jedoch ein Grundrecht \u2013 wenn Grundrechte kapitalisiert werden, ger\u00e4t fr\u00fcher oder sp\u00e4ter ein System aus den Fugen.<\/p>\n\n\n\n\n
Der Wohnungsmarkt in der Schweiz leidet unter einer deutlichen Knappheit an finanziell tragbaren Wohnungen, die sowohl in den St\u00e4dten als auch in l\u00e4ndlichen Gebieten sp\u00fcrbar ist. Die steigende Nachfrage insbesondere nach sogenannt zahlbaren Wohnraum, also Wohnungen ohne maximale Gewinnmargen (Kostenmiete) derzeit nicht ausreichend durch den Wohnungsbau gedeckt werden, was zu Engp\u00e4ssen f\u00fchrt. Der Wohnungsmarkt ist sehr angespannt \u2013 die Politik spricht von Wohnungsnot, Expert:innen von einer Systemkrise.<\/p>\n\n\n\n\t\n