Ein scheinbar «Neues Zeitalter der Architektur» ist angebrochen. Das Thema der Nachhaltigkeit steht gegenwärtig in der Baubranche über allem.
In den 1980er-Jahren lief die erste Folge von «MacGyver» im Fernsehen. Der meist nur mit einem Taschenmesser bewaffnete Held hat längst seinen Kultstatus überdauert. Gekonnt klebte er damals Mülltüten zu einem Gleitdrachen zusammen, bastelte aus Kaugummiverpackungen Fischköder oder rettete die Menschheit mit einer Büroklammer. Heute gilt der Superheld MacGyver der 80er-Jahre als Archetyp des Bricoleurs.
Nun braucht die Architektur, oder besser die Baukultur, keinen neuen Superhelden und auch keine Bastelstunde. Die Bauten von Morgen erfordern einen nachhaltigen Umgang mit dem bereits vorhandenen Material und kreative Ansätze für neue Lösungen – die Bricolage. Bricoleure sehen das Haus nicht als Ergebnis eines klar definierten Zeitabschnitts, sondern das Wachstum eines Hauses über die Zeit mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen: ein Ganzes aus Teilen.
Auch der berühmte Petersdom in Rom ist das Ergebnis eines über Jahrhunderte erarbeiteten Resultats von unterschiedlichsten Architekten und wird heute als ein einheitliches Bauwerk bestaunt. Erst der zweite, genaue Blick deckt unterschiedliche Stilelemente auf und zeigt die verschiedenen Akteure und zeitlichen Einflüsse. Die Haltung des «Weiterbauens» ist also nicht neu und wird lediglich auf die derzeitigen Anforderungen und Ressourcen angepasst.
Folglich können wir uns vom Begriff des «Neuen Zeitalters in der Architektur» lösen. Unsere Baukultur entwickelt sich seit je her kontinuierlich weiter.
Autoren
Oliver Hänni ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Sandra Bühler ist Professorin für Architektur und Ortsbildentwicklung am Institut für Bauen im alpinen Raum an der Fachhochschule Graubünden (FHGR).