/
Definition des Konzepts «Risikomanagement»
Gemäss Hunziker & Meissner (2017, S. 2) ist modernes Risikomanagement «ein unternehmensweit abgestimmter Prozess, mit dem Unternehmen alle Schlüsselrisiken identifizieren, bewerten und aktiv steuern, um Unternehmenswerte für alle Anspruchsgruppen zu generieren.»
Allgemein kann Risikomanagement als systematische, durchdachte Handhabung von Risiken verstanden werden (Gisin, Greber & Lucas, 2017, S. 16). Eine eng umfasste Definition bezeichnet lediglich den Umgang mit Sicherungsmassnahmen (Hirt, 2020, S. 79).1
Zuerst gilt es laut Abbildung 1, die unternehmerischen Ziele möglichst genau zu definieren (Schritt 1). Dadurch lassen sich die Bedingungen der Zielerreichung erkennen. Danach sollen Gefahren erkannt werden (Schritt 2). Offenkundige Risiken werden gewöhnlicherweise gut erkannt, während versteckte, verdrängte oder unbekannte Gefahren schwieriger zu berücksichtigen sind. Anschliessend müssen die Gefahren bewertet werden (Schritt 3). Entscheidende Elemente bei der Beurteilung sind die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses sowie die Tragweite, wie die Risikobewertung in Abbildung 2 weiter unten aufzeigt (Gisin et al., 2017, S. 17-18).
Mittels des Scoring-Modells gemäss Abbildung 2 können die Risikofaktoren gewichtet und Resultate verglichen werden. Dies erfolgt oft durch empirische Datenanalyse oder Experteneinschätzungen (Gisin et al., 2017, S. 210).
Nun werden Sicherungsmassnahmen ergriffen (Schritt 4). Die Risikovermeidung führt zum Verzicht von Zielen (Stufe 13). Durch eine Verminderung wird die Gefahr eher verhütet (Stufe 2). Ein Risiko lässt sich ferner abwälzen (Stufe 3). Ein verbleibendes Risiko ist selber zu tragen (Stufe 4). Aufgrund von sich verändernden Einflussfaktoren müssen Risiken regelmässig überwacht werden (Schritt 5). Risikomanagement ist also kein einmaliger Prozess (Gisin et al., 2017, S. 18-20).
Relevanz des Konzepts «Risikomanagement» für das Supply Chain Management
Risikomanagement ist bedeutsam für das Supply Chain Management. Eine Lieferkette muss die «4Rs», also die rasche Reaktion auf Kundenanforderungen (responsiveness), Zuverlässigkeit bei der Lieferung oder Materialqualität (reliability), Widerstandsfähigkeit bei unerwarteten Beeinträchtigungen (resilience) sowie Beziehungspflege zu Geschäftspartnern innerhalb der Lieferkette (relationships) möglichst gut abdecken, um langfristig erfolgreich zu sein (Christopher, 2023, S. 20-22).
Risiken können die Zielerreichung massgeblich beeinflussen. Risikomanagement ist also ein wichtiger Teil des Supply Chain Management.
Nutzung des Konzepts für Unternehmen
Für ein erfolgreiches Unternehmen ist Risikomanagement unerlässlich. Nur wer seine Risiken bestmöglich kennt, kann diese steuern. Es hilft Unternehmen, ihr Risikoprofil zu erstellen und besser mit den Risiken umzugehen. Der konkrete Nutzen liegt zusammengefasst in der erhöhten Sicherheit, Effizienzgewinnen und verbesserter Wettbewerbsfähigkeit (Christopher, 2023, S. 245-256). Mangelhaftes Risikomanagement zeigt sich anhand der Krise von Toyota 2009/10. Aufgrund technischer Probleme bei Autos musste Toyota die weitere Produktion der betroffenen Modelle stoppen und die Fehlerquelle eruieren. Dies führte zu einem starken Rückgang der Verkaufszahlen und dem Verlust der Führungsposition im Automobilmarkt (Christopher, 2023, S. 250). Risikomanagement hätte diese Problematik wohl antizipieren und verringern können.
Risiken und Schwächen des Konzepts
Eine Schwierigkeit ist es, die Eintrittswahrscheinlichkeit und das Schadenausmass quantitativ korrekt zu beziffern. Risikomanagement kann zu einer einseitigen Sichtweise führen, bei welcher eher auf Gefahren statt auf Chancen fokussiert wird. Problematisch ist auch, dass man Abhängigkeiten zwischen individuellen Risiken nicht vollständig modellieren kann (Hunziker & Meissner 2017, S. 44-45). In jüngerer Vergangenheit sind Märkte turbulenter und unsicherer geworden (Christopher, 2023, S. 237). In diesem Geschäftsumfeld ist es folglich noch schwieriger geworden, Risiken zu erkennen und einzuschätzen. Aufgrund des komplexen Umfelds kann sich ein Unternehmen bezüglich Risikoerkennung in falscher Sicherheit wiegen.
Fazit
Wie sich gezeigt hat, dient Risikomanagement zur Sicherung der Zielerreichung eines Unternehmens. Nur wer sich aktiv mit Risiken und deren Steuerung auseinandersetzt, kann mit Veränderungen umgehen und über adäquate Sicherheitsmassnahmen entscheiden. Aufgrund der steigenden Volatilität der Märkte ist das Risikomanagement unerlässlich bei der Planung einer Lieferkette nach dem Konzept der 4R. Trotz den erwähnten Schwächen überwiegen die Vorteile einer konsequenten Umsetzung des Risikomanagement-Prozesses klar.
Quellenverzeichnis
- Christopher, M. (2023). Logistics & Supply Chain Management (6. Aufl.). Harlow, England: Pearson.
- Gisin, S., Greber D. & Lucas A. (2017). Risikomanagement, Produktmanagement und Underwriting (2. Aufl.). Zürich: Compendio Bildungsmedien AG.
- Hirt, T. (2020). Versicherungswirtschaft und Vermittlerrecht (12. Aufl.). Zürich: Compendio Bildungsmedien AG.
- Hunziker, S. & Meissner, J. (2017). Risikomanagement in 10 Schritten. Wiesbaden: Springer Gabler.
Dieser Text wurde von Christoph Robin Waldeck, DSC24 im Rahmen einer Einzelarbeit im Modul Integriertes Supply Chain Management erstellt. Geringfügige redaktionelle Änderungen wurden vorgenommen.
In der Bachelor Studienrichtung Digital Supply Chain Management lernen Sie, Wertschöpfungsnetzwerke und Prozesse zu optimieren. Der Einsatz von IT-Tools, die Nutzung von Data Analytics und Technologien sind dafür wichtige Instrumente, die Sie im Studium vertieft kennenlernen.
Das Studium können Sie in Chur oder in Zürich absolvieren.
Unabhängig vom gewählten Lernort studieren Sie in einer Klasse, die über das Semester digital miteinander verbunden ist. Für Blocktage und Prüfungen treffen sich alle Studierenden in Chur oder vor Ort bei Partnerunternehmen.