Der Pride Month Juni verkörpert mehr als bunte Paraden und fröhliche Feierlichkeiten. Dieser Monat ist eine kraftvolle Plattform für Sichtbarkeit und die Gelegenheit, uns weiterzubilden und unser Verständnis zu vertiefen. Oft sind viele Aspekte der LGBTQIA+-Gemeinschaft nicht vollständig klar – und das ist in Ordnung. Denn das Wichtigste ist, dass wir offen dafür sind zu lernen und bereit, uns in die Perspektiven und Erfahrungen anderer hineinzuversetzen. So können wir als Gesellschaft wachsen und echte Akzeptanz fördern – in allen Belangen.
Heute möchte ich die Bedeutung und die Wichtigkeit der LGBTQIA+-Gemeinschaft näher beleuchten. Dabei möchte ich nicht nur Begriffe klären, sondern auch dazu ermutigen, sich auf eine Erforschung des Verständnisses und der Solidarität einzulassen.
Die LGBTQIA+-Bewegung – Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Queere, Intersexuelle und Asexuelle – hat in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit erlangt. Für manche ist es ein Zeichen des Fortschritts und der Akzeptanz. Für andere eine unnötige Fokussierung auf Minderheiten, die die Gesellschaft spaltet. Aber was bedeutet «LGBTQIA+» wirklich und warum ist es wichtig, dass dieses Thema in der Gesellschaft seinen Platz findet?
«LGBTQIA+» ist eine Abkürzung, die eine Vielfalt an sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten zusammenfasst:
- Lesbian (L): Frauen, die sich romantisch oder sexuell zu anderen Frauen hingezogen fühlen.
- Gay (G): Männer, die sich romantisch oder sexuell zu anderen Männern hingezogen fühlen.
- Bisexual (B): Menschen, die sich sowohl zu Männern als auch zu Frauen hingezogen fühlen.
- Transgender (T): Personen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt.
- Queer (Q): Ein Sammelbegriff für Personen, die sich nicht in die traditionellen Kategorien von Geschlecht und Sexualität einordnen lassen.
- Intersex (I): Menschen, die mit körperlichen Geschlechtsmerkmalen geboren werden, die nicht eindeutig männlich oder weiblich sind.
- Asexual (A): Asexuelle Menschen empfinden wenig bis keine sexuelle Anziehung zu anderen Personen. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie keine romantischen Beziehungen eingehen oder keine körperliche Nähe mögen. Es geht darum, dass der sexuelle Aspekt für sie eine geringere oder keine Rolle spielt.
- Das «+» steht für die Anerkennung und Inklusion weiterer sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten, die nicht durch die vorhergehenden Buchstaben abgedeckt sind.
Wird übertrieben?
Einige KritikerInnen behaupten, dass die LGBTQIA+-Bewegung zu stark in den Vordergrund gerückt ist und die ständige Betonung dieser Themen die Gesellschaft spaltet, anstatt sie zu vereinen. Sie argumentieren, dass es wichtigere Probleme gibt, die mehr Aufmerksamkeit verdienen, und dass die Rechte von LGBTQIA+-Menschen in vielen westlichen Ländern bereits ausreichend geschützt sind. Andere befürchten, dass die zunehmende Sichtbarkeit von LGBTQIA+-Themen traditionelle Werte und Normen untergraben, das «Normale» ausblendet und sie sich gezwungen fühlen, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die sie ablehnen, nicht verstehen oder für sie irrelevant sind.
Diese Reaktionen zeigen, dass die LGBTQIA+-Bewegung oft missverstanden und als Modeerscheinung oder gar als Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt diffamiert wird. Doch solche Ansichten sind nicht nur falsch, sondern auch ignorant. Die Bewegung ist ein notwendiger und längst überfälliger Schritt hin zu einer gerechteren, inklusiveren und humaneren Gesellschaft. Kritische Stimmen sind wichtig und sollten gehört werden, weil sie die Möglichkeit bieten, den Diskurs zu erweitern und Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Ein offener Dialog ermöglicht es, Ängste und Vorurteile zu hinterfragen und durch Aufklärung und Empathie abzubauen. Allerdings dürfen diese kritischen Stimmen niemals die Errungenschaften und die Notwendigkeit der fortwährenden Anstrengungen für die Rechte von LGBTQIA+-Personen untergraben. Vielmehr sollten sie dazu beitragen, ein tieferes Verständnis und eine breitere Akzeptanz zu fördern.
Denn was ist schon normal? Warum muss normal definiert werden, und wer entscheidet, was normal ist? Wir alle haben diese vage Vorstellung davon, was «normal» sein sollte – ein gesellschaftlich akzeptiertes Verhaltensmuster, eine bestimmte Lebensweise, ein spezifisches Erscheinungsbild. Doch bei genauer Betrachtung wird deutlich, dass «normal» ein überholtes und problematisches Konzept ist. Nichts ist wirklich «normal», und genau das ist die Stärke der Menschheit. In einer Zeit, in der Vielfalt und Individualität gefeiert werden sollten, klammern sich einige immer noch an ein enges, restriktives und letztlich destruktives Konzept dessen, was «normal» sein soll.
Der immer noch bestehende Widerstand und das Unverständnis zeigen, dass die Diskussion über LGBTQIA+-Themen absolut notwendig ist und die Rechte und der Schutz der LGBTQIA+-Gemeinschaft noch lange nicht ausreichend gewährleistet ist. Solange Diskriminierung, Gewalt und Ungleichheit existieren, müssen wir darüber sprechen und Massnahmen ergreifen. Eine wirklich gerechte Gesellschaft ist eine, in der jeder Mensch frei leben kann, ohne Angst vor Verurteilung oder Ausgrenzung. Es geht nicht nur darum, Rechte auf dem Papier zu haben, sondern auch um die tatsächliche Akzeptanz und Inklusion im Alltag.
Wenn Menschen inkludiert und akzeptiert werden – unabhängig von ihrer geschlechtlichen Identifikation oder ihrer sexuellen Ausrichtung – sind sie nicht anders und entsprechend auch keine Minderheit. Unterschiede werden nicht als Abweichung von der Norm betrachtet, sondern als integraler Bestandteil einer vielfältigen Gesellschaft anerkannt. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch in seiner Einzigartigkeit geschätzt und respektiert wird. Dadurch entstehen keine künstlichen Barrieren oder Ausgrenzungen, und Vielfalt wird zur Normalität. Eine Gesellschaft, die diese Prinzipien lebt, fördert ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit und schafft Raum für das volle Potenzial jedes Einzelnen.
Die Stärke unserer Gesellschaft und auch jener der FH Graubünden liegt in ihrer Vielfalt. Durch die Anerkennung und Wertschätzung der Einzigartigkeit jedes und jeder Einzelnen, einschliesslich der Unterstützung von LGBTQIA+-Personen, schaffen wir ein Fundament für Akzeptanz.
(Die Diversity-Policy der FH Graubünden formuliert die ethische Grundhaltung und Handhabung der Vielfalt)
Fachstelle Diversity, Corin Harzenmoser
ENGLISH
Why we all need to be LGBTQIA+ allies
June Pride Month embodies more than colorful parades and joyful celebrations. This month is a powerful platform for visibility and an opportunity to educate ourselves and deepen our understanding. Often, many aspects of the LGBTQIA+ community are not fully understood - and that's okay. Because the most important thing is that we are open to learning and willing to empathize with the perspectives and experiences of others. This is how we can grow as a society and promote true acceptance - in all matters.
Today I would like to take a closer look at the meaning and importance of the LGBTQIA+ community. In doing so, I want to not only clarify terms, but also encourage you to engage in an exploration of understanding and solidarity.
The LGBTQIA+ movement - lesbian, gay, bisexual, transgender, queer, intersex and asexual - has gained increased attention in recent years. For some, it is a sign of progress and acceptance. For others, it is an unnecessary focus on minorities that divides society. But what does "LGBTQIA+" really mean and why is it important for this topic to find its place in society?
"LGBTQIA+" is an acronym that summarizes a variety of sexual orientations and gender identities:
- Lesbian (L): women who are romantically or sexually attracted to other women.
- Gay (G): Men who are romantically or sexually attracted to other men.
- Bisexual (B): People who are attracted to both men and women.
- Transgender (T): People whose gender identity does not match their sex assigned at birth.
- Queer (Q): A collective term for people who do not fit into traditional categories of gender and sexuality.
- Intersex (I): People who are born with physical sex characteristics that are not clearly male or female.
- Asexual (A): Asexual people feel little to no sexual attraction to other people. This does not necessarily mean that they do not enter into romantic relationships or do not like physical closeness. The point is that the sexual aspect plays a lesser or no role for them.
- The "+" stands for the recognition and inclusion of other sexual orientations and gender identities that are not covered by the previous letters.
Are we exaggerating?
Some critics claim that the LGBTQIA+ movement has become too prominent and that the constant emphasis on these issues is dividing society rather than uniting it. They argue that there are more important issues that deserve more attention and that the rights of LGBTQIA+ people are already sufficiently protected in many Western countries. Others fear that the increasing visibility of LGBTQIA+ issues undermines traditional values and norms, blots out what is 'normal' and forces them to confront issues that they reject, do not understand or are irrelevant to them.
These reactions show that the LGBTQIA+ movement is often misunderstood and defamed as a fad or even a threat to social cohesion. However, such views are not only wrong, but also ignorant. The movement is a necessary and long overdue step towards a fairer, more inclusive and more humane society. Critical voices are important and should be heard because they offer the opportunity to broaden the discourse and clear up misunderstandings. An open dialog makes it possible to question fears and prejudices and dispel them through education and empathy. However, these critical voices must never undermine the achievements and the need for ongoing efforts for the rights of LGBTQIA+ people. Rather, they should help to promote deeper understanding and wider acceptance.
After all, what is normal? Why does normal have to be defined, and who decides what is normal? We all have this vague idea of what "normal" should be - a socially accepted pattern of behavior, a certain way of life, a specific appearance. But on closer inspection, it becomes clear that 'normal' is an outdated and problematic concept. Nothing is truly "normal", and that is precisely the strength of humanity. At a time when diversity and individuality should be celebrated, some still cling to a narrow, restrictive and ultimately destructive concept of what 'normal' should be.
The resistance and lack of understanding that still exists shows that discussion of LGBTQIA+ issues is absolutely necessary and that the rights and protections of the LGBTQIA+ community are far from being adequately guaranteed. As long as discrimination, violence and inequality exist, we need to talk about them and take action. A truly just society is one in which everyone can live freely, without fear of judgment or exclusion. It is not just about having rights on paper, but also about actual acceptance and inclusion in everyday life.
When people are included and accepted - regardless of their gender identification or sexual orientation - they are not different and therefore not a minority. Differences are not seen as a deviation from the norm, but are recognized as an integral part of a diverse society. Inclusion means that every person is valued and respected in their uniqueness. This means that no artificial barriers or exclusions are created and diversity becomes the norm. A society that lives by these principles fosters a strong sense of belonging and creates space for the full potential of each individual.
The strength of our society and that of the UAS Grisons lies in its diversity. By recognizing and valuing the uniqueness of each and every individual, including support for LGBTQIA+ people, we create a foundation for acceptance.
(The Diversity Policy of the UAS Grisons formulates the basic ethical attitude and handling of diversity)
Diversity Management, Corin Harzenmoser