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Die Il­lu­si­on des «Nor­ma­len»

In einer Welt, die von Individualität und Diversität geprägt ist, stellt sich die Frage: Was bedeutet eigentlich «normal»? Wir alle haben diese vage Vorstellung davon, was «normal» sein sollte – ein gesellschaftlich akzeptiertes Verhaltensmuster, eine bestimmte Lebensweise, ein spezifisches Erscheinungsbild. Doch bei genauer Betrachtung wird deutlich, dass «normal» ein überholtes und problematisches Konzept ist. Nichts ist wirklich «normal», und genau das ist die Stärke unserer Menschheit.

 Die Tyrannei des Normalen

Der Begriff «normal» wird oft verwendet, um Menschen und Verhaltensweisen zu kategorisieren und zu bewerten. Aber wer entscheidet, was «normal» ist? Grundsätzlich sind es gesellschaftliche Normen, Mehrheitsmeinungen, die diesen Standard setzen. Das führt dazu, dass Menschen, die nicht in dieses enge Raster passen, als «abweichend» oder «unnormal» abgestempelt werden.

Diese Tyrannei des Normalen unterdrückt Individualität und Vielfalt. Sie zwingt Menschen, sich anzupassen und ihre wahre Identität, respektive gewünschte Ausdrucksweise zu verdrängen, um (besser) akzeptiert zu werden. Dies kann zu erheblichen psychischen und sozialen Schäden führen. Menschen fühlen sich isoliert, missverstanden und minderwertig, wenn sie nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen, die als «normal» angesehen und in der Gesellschaft leichter akzeptiert werden.

 Die Vielfalt des Menschseins

Es gibt keine «normale» Art zu sein, da die Vorstellung von Normalität stark von sozialen, kulturellen und historischen Kontexten geprägt ist. Soziologisch betrachtet ist Normalität ein gesellschaftlich konstruiertes Konzept, das durch soziale Normen und Werte definiert wird. Diese Normen sind jedoch nicht statisch; sie verändern sich mit der Zeit und variieren zwischen unterschiedlichen Gesellschaften und sozialen Gruppen.

Jeder Mensch ist einzigartig, mit individuellen Erfahrungen, Meinungen und Lebensweisen. Diese Einzigartigkeit ist nicht nur ein Merkmal individueller Identität, sondern auch ein Ausdruck der sozialen Diversität, die unsere Gesellschaft prägt. Vielfalt ist nicht als Abweichung von einer vermeintlichen Norm zu betrachten, sondern als integraler Bestandteil des gesellschaftlichen Gefüges. Eine Gesellschaft, die Diversität schätzt und fördert, erkennt an, dass unterschiedliche Lebensweisen, Perspektiven und Erfahrungen eine wesentliche Grundlage für sozialen Zusammenhalt und Innovation darstellen. Die Natur selbst zeigt uns, dass Vielfalt die Norm ist. In der Tier- und Pflanzenwelt gibt es unzählige Variationen und Anpassungen. Diese Vielfalt ist essenziell für das Überleben und die Entwicklung der Arten. Warum sollte das bei Menschen anders sein? Auch in der menschlichen Gesellschaft ist Vielfalt kein Hindernis, sondern eine Bereicherung. Sie ermöglicht es uns, auf die Herausforderungen unserer Zeit mit einer breiteren Palette an Ideen und Lösungen zu reagieren, was wiederum den sozialen Fortschritt und die Innovation fördert.

 Die Gefahren des Normalitätsdenkens

Das Festhalten an einem starren Konzept von Normalität kann gefährlich sein. Es fördert Intoleranz, Diskriminierung und Ausgrenzung. Menschen, die nicht dem «Normalen» entsprechen, werden oft marginalisiert und benachteiligt. Dies betrifft LGBTQIA+-Personen, Menschen mit Behinderungen, Menschen verschiedener ethnischer Hintergründe, und solche mit gesellschaftlich gesehen unkonventionellen Lebensstilen. Darüber hinaus behindert das Konzept der Normalität den sozialen und kulturellen Fortschritt. Gesellschaften und damit auch Betriebe, die Diversität und Individualität unterdrücken, stagnieren und verlieren ihre kreative Dynamik. Innovation entsteht dort, wo verschiedene Ideen und Perspektiven aufeinandertreffen und sich gegenseitig befruchten.

 Ein Plädoyer für die Abschaffung des Normalen

Es ist an der Zeit, das Konzept der Normalität zu hinterfragen und abzuschaffen. Statt Menschen dazu bewegen zu wollen, sich an eine künstlich geschaffene Norm anzupassen, sollten wir Vielfalt und Individualität feiern. Jeder Mensch sollte die Freiheit haben, sein authentisches Selbst zu sein, ohne Angst vor Verurteilung oder Ausgrenzung. In einer wirklich freien und gerechten Gesellschaft gibt es keine «Normalität». Es gibt nur Menschen, die in ihrer Einzigartigkeit wertgeschätzt und respektiert werden. Wir müssen lernen, Unterschiede zu akzeptieren und zu erkennen, dass sie unser gemeinsames Menschsein bereichern.

Schlussgedanken

«Normal» ist ein Konzept, das ausgedient hat. Es ist eine Illusion, die uns davon abhält, das volle Potenzial unserer Menschheit zu erkennen und zu entfalten. Indem wir die Idee der Normalität hinter uns lassen, öffnen wir die Tür zu einer inklusiveren, toleranteren und kreativeren Gesellschaft. Es ist Zeit, den Mut zu haben, anders zu sein und diese Andersartigkeit zu feiern. Denn in Wahrheit ist nichts normal – und das ist das Beste, was uns passieren konnte.

(Die Diversity-Policy der FH Graubünden formuliert die ethische Grundhaltung und Handhabung der Vielfalt)

Fachstelle Diversity, Corin Harzenmoser

ENGLISH

The illusion of  « normal »

In a world characterized by individuality and diversity, the question arises: What does « normal » actually mean? We all have this vague idea of what « normal » should be—a socially accepted pattern of behavior, a certain way of life, a specific appearance. But upon closer inspection, it becomes clear that « normal » is an outdated and problematic concept. Nothing is truly «normal«, and that is precisely the strength of our humanity.

The tyranny of normal

The term «normal» is often used to categorize and evaluate people and behaviors. But who decides what is «normal»? Essentially, it is social norms and majority opinions that set this standard. As a result, people who do not fit into this narrow framework are labeled as « deviant » or « abnormal ». This tyranny of the normal suppresses individuality and diversity. It forces people to conform and suppress their true identity or desired form of expression in order to be more readily accepted. This can lead to considerable psychological and social harm. People feel isolated, misunderstood, and inferior if they do not conform to social norms that are considered “normal” and more easily accepted in society.

The diversity of being human

There is no « normal » way of being, as the idea of normality is strongly influenced by social, cultural, and historical contexts. In sociological terms, normality is a socially constructed concept defined by social norms and values. However, these norms are not static; they change over time and vary between different societies and social groups.

Every person is unique, with individual experiences, opinions, and lifestyles. This uniqueness is not only a characteristic of individual identity but also an expression of the social diversity that characterizes our society. Diversity should not be seen as a deviation from a supposed norm, but as an integral part of the social fabric. A society that values and promotes diversity recognizes that different lifestyles, perspectives, and experiences are essential foundations for social cohesion and innovation. Nature itself shows us that diversity is the norm. In the animal and plant worlds, there are countless variations and adaptations. This diversity is essential for the survival and development of species. Why should it be any different for humans? In human society as well, diversity is not an obstacle but an enrichment. It enables us to respond to the challenges of our time with a broader range of ideas and solutions, which in turn promotes social progress and innovation.

The dangers of normality thinking

Adhering to a rigid concept of normality can be dangerous. It promotes intolerance, discrimination, and exclusion. People who do not conform to the « normal » are often marginalized and disadvantaged. This includes LGBTQIA+ individuals, people with disabilities, people of different ethnic backgrounds, and those with socially unconventional lifestyles. Furthermore, the concept of normality hinders social and cultural progress. Societies, and therefore companies, that suppress diversity and individuality stagnate and lose their creative dynamism. Innovation arises where different ideas and perspectives meet and cross-fertilize each other.

 A plea for the abolition of the normal

It is time to question and abolish the concept of normality. Instead of trying to make people conform to an artificially created norm, we should celebrate diversity and individuality. Everyone should have the freedom to be their authentic self without fear of judgment or exclusion. In a truly free and just society, there is no such thing as “normality.” There are only people who are valued and respected for their uniqueness. We must learn to accept differences and recognize that they enrich our common humanity.

Final thoughts

« Normal » is a concept that has had its day. It is an illusion that prevents us from recognizing and developing the full potential of our humanity. By leaving the idea of normality behind, we open the door to a more inclusive, tolerant, and creative society. It’s time to have the courage to be different and celebrate that difference. Because the truth is that nothing is normal—and that is the best thing that could have happened to us.

(The Diversity Policy of the UAS Grisons formulates the basic ethical attitude and handling of diversity)

Diversity Management, Corin Harzenmoser

Anzahl Kommentare 1
Kommentar

Marcel Hanselmann 04.09.2024

Wichtiger Blogbeitrag. Merci dafür.