Ich heisse Njaal Aase, bin schweizerisch-norwegischer Doppelbürger, studiere Digital Business Management an der Fachhochschule Graubünden, arbeite bei Siemens Smart Infrastructure und bin Leichtathlet, spezialisiert auf längere Distanzen.
Meine sportliche Geschichte beginnt jedoch auf der Bahn. Als Jugendlicher entdeckte ich den 2000/3000 Meter Hindernislauf, feierte dort meine ersten grossen Erfolge und gewann zwei Vize-Schweizermeistertitel in den Kategorien U20 und U23. Ein besonderer Höhepunkt dieser Bahnzeit war 2018, als ich mich für einen Startplatz an der Diamond League in Lausanne qualifizierte und dort wertvolle internationale Erfahrung sammelte. Nach einer hartnäckigen Verletzung entschied ich mich, den Hindernislauf hinter mir zu lassen und mich ganz auf die längeren flachen Distanzen zu konzentrieren. Die Strasse bietet mir heute Raum für konstantes Tempo und taktische Feinheiten.
Die Liebe zum Laufen kommt aus der Familie. Mein Grossvater war Leichtathlet. Mein Vater war ebenfalls aktiv und ist heute mein Trainer. Gemeinsam planen wir jede Saison, geleitet von meinem Motto Trust the Process. Für mich bedeutet das, den Weg wichtiger zu nehmen als einzelne Resultate, geduldig an Details zu arbeiten und Fortschritte Schritt für Schritt aufzubauen. Schon als kleiner Junge lief ich mit meinem Vater meine ersten Runden, und seitdem gehört das Laufen zu meinem Alltag. Gerade in Kombination mit Studium und Beruf erfordert dieser Weg eine grosse Portion Disziplin und Ausdauer, denn ohne beides liessen sich die unterschiedlichen Anforderungen nicht langfristig miteinander verbinden.
Trainiert wird täglich. Zwei bis dreimal pro Woche absolviere ich intensive Intervalleinheiten wie schnelle Kilometerwiederholungen oder progressiv gesteigerte Abschnitte. Die übrigen Tage gehören lockeren Dauerläufen, die als aktive Regeneration dienen. Ebenfalls steht Krafttraining auf dem Programm, wobei ich mich vor allem auf Beinkraftübungen konzentriere, um Verletzungen vorzubeugen und die Muskulatur stabil zu halten. Wenn Arbeit oder Studium mehr Zeit fordern, kürze ich eine Einheit oder verschiebe sie. Das Laufen soll mich beflügeln, nicht eingrenzen.
Das Studium erweitert meinen Blick und gibt meinem Tag Struktur, ohne dass ich jede Minute minutiös durchplane. Ich lerne in kleinen Blöcken, arbeite an Projekten und nutze freie Fenster spontan für Sport oder Erholung. Dazu kommt mein Job bei Siemens. Nach einer Lehre als Sportartikelverkäufer und einigen Jahren in einer Sportmarketingagentur sammle ich nun Erfahrung in der Welt intelligenter Infrastrukturen. Die Aufgaben sind vielfältig und fordern ein anderes Tempo als der Sport, aber genau das macht sie spannend. Sie lassen mich Theorie direkt im Berufsalltag erleben.
Drei Rollen füllen meinen Kalender reichlich, doch ich versuche gelassen zu bleiben. Manchmal verschiebt ein wichtiger Termin bei der Arbeit eine Laufeinheit in den späten Abend. Manchmal zwingt ein intensiver Trainingsblock dazu, in der Vorlesung besonders wach zu sein. In solchen Situationen erinnere ich mich an mein Motto Trust the Process. Solange ich konsequent dranbleibe, mich erhole, offen kommuniziere und auf Disziplin wie Ausdauer setze, fügt sich das grosse Ganze zusammen. Ebenso wichtig ist es, zwischendurch Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen. Solche Momente laden meine Batterien auf und geben mir die Energie, am nächsten Tag wieder voll einzusteigen.
Mein bislang grösster Erfolg auf der Strasse war der Berliner Halbmarathon im Frühjahr 2025, bei dem ich in 1:09:07 eine neue Bestzeit lief und im internationalen Topfeld mit vielen Weltklasse-Athleten den 61. Platz belegte. Dort unterbot ich gleichzeitig die norwegische Qualifikationsnorm für die FISU World University Games, die Universiade, welche in der Rhein-Ruhr Region in Deutschland stattfinden wird, und warte nun gespannt auf eine mögliche Nominierung. Der Zieleinlauf durch das Brandenburger Tor zeigte mir, wie wertvoll Geduld ist und erinnerte mich daran, warum ich diesen Sport betreibe: für genau diese wenigen Sekunden, in denen alle Mühe zu purem Glück wird, sobald man die Ziellinie überquert und die Welt ringsum kurz stillsteht. Jeder ruhige Kilometer im Regen, jede harte Intervallserie und jede spontane Anpassung an Studium und Job hatten sich gelohnt. Mein Traum und langfristiges Ziel ist es, mich auch für weitere internationale Grossanlässe zu qualifizieren und dort mein Land zu vertreten, denn es gibt meiner Meinung nach keine schöneren Momente für einen Sportler.
Wer darüber nachdenkt, Studium, Beruf und Leistungssport zu kombinieren, braucht vor allem Leidenschaft, Flexibilität sowie die Bereitschaft, Disziplin und Ausdauer jeden Tag neu zu beweisen. Wenn jede Rolle ihren Platz bekommt, bereichert sie die anderen und der Weg selbst wird zur grössten Belohnung.
Njaal Aase studiert Digital Business Management im 6. Semester und schliesst bald sein Studium ab.