Nein, hier geht es nicht um den berühmten Nike-Slogan, sondern um das Mindset, welches das Silicon Valley prägt – einfach machen. Genau diese Haltung erlebten wir während unseres Study Trips in der Innovationshochburg Kaliforniens.
Ein weiteres Mantra: Be flexible. Schon im Vorfeld wurden wir darauf hingewiesen, dass sich das Programm kurzfristig ändern könnte – nicht zuletzt aufgrund der hohen Entlassungsquote. Und so kam es später: Der geplante Besuch bei Google fiel aus, da unserem Ansprechpartner gekündigt wurde. Willkommen in der Realität des Valley!
Tag 1 – Ein Start voller Gegensätze
Nach zwei Tagen Sightseeing in San Francisco – einer Stadt voller atemberaubender Kulissen, aber auch einer beängstigenden Drogenszene – begann unser Programm offiziell am Sonntagabend mit einem Kickoff-Meeting in der Hotellobby. Hier stellten sich unsere Begleiter Alexander Fries und Patrick Blumenthal vor.
Der Montag führte uns ins Plug and Play Tech Center, einen führenden Accelerator. Alexander Fries erklärte uns die Grundlagen des Silicon-Valley-Ökosystems, von Venture Capitalists bis hin zu erfolgreichen Startup-Gründungen. Die vier wichtigsten Elemente für Erfolg? Leidenschaft, Risikobereitschaft, Geschwindigkeit und Flexibilität.
Und dann ist da eben noch diese «Just do it»-Mentalität im Valley. Sobald Gründerinnen oder Gründer eine Idee haben, wird recherchiert und direkt losgelegt. Dabei sprechen sie offen mit anderen über ihre Ideen – ein Ansatz, der in Europa eher unüblich ist. Ausserdem kaufen amerikanische Unternehmen lieber Startups auf, anstatt neue Mitarbeiter einzustellen. Ein weiterer Unterschied: Die Amerikaner sind wahre Verkaufskünstler, während Europa im Sales oft zurückhaltender agiert.
Tag 2– Die Pitches: Ein Highlight der Woche
Am Dienstag war es so weit: Die Gruppen durften eigene Startup-Ideen vor Venture Capitalists präsentieren. Die Nervosität war greifbar, aber die Erfahrung unbezahlbar. Einige präsentierten ihre eigenen Ideen, andere griffen auf vorgegebene Startup-Konzepte zurück, die sie nach eigenem Empfinden weiterentwickelten. Die Möglichkeit, direktes Feedback aus dem Valley zu erhalten, war für viele das Highlight der Woche.
Der Besuch bei Google wurde zwar abgesagt, doch der Abstecher in das Google Visitor Center bot zumindest einen kleinen Trost. Am Nachmittag trafen wir die Gründerin Tasneem Amina von KINDRED. Ihr Startup bietet eine Plattform für Community-basierten Haustausch an, die es Mitgliedern ermöglicht, ihre Häuser für Reisen zu tauschen. In einer lockeren Fragerunde ging sie insbesondere auf die Bedeutung des Gründungsteams ein. Die Wahl der Co-Founder ist entscheidend, da Investoren zu 50 % auf das Team achten. Ihre Methode? Ein mehrtägiger Rückzug in eine abgelegene Hütte, um sich gegenseitig besser kennenzulernen. Ihr abschliessender Ratschlag: «Believe in yourself and bet on yourself! Everyone would like to stop you.»
Tag 3 – Swissnex und Innovation «Made in Switzerland»
Am Mittwoch besuchten wir Swissnex in San Francisco, eine Institution direkt am Pier, die mit einem der schönsten Büros der Stadt beeindruckte. Swissnex fördert die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Westküste der USA in den Bereichen Innovation, Bildung, Forschung und Unternehmertum. Manuel Haymoz und Sara Kostadinova vom Swiss Business Hub USA erläuterten, wie der Hub Schweizer Startups bei ihrer Exportstrategie in die USA unterstützt und gleichzeitig tragen sie dazu bei, die Schweiz als Wirtschaftsstandort zu stärken.
Am Nachmittag besuchten wir CarIQ, ein Startup, das es Fahrzeugen ermöglicht, kontaktlos mit Tankstellen oder Mautstellen zu kommunizieren und zu bezahlen. Der Gründer Sterling Pratz – ein ehemaliger Rennfahrer – zog eine interessante Parallele zwischen Rennsport und Unternehmertum: «Im Motorsport muss man als Fahrer perfekt mit seinem Ingenieur zusammenarbeiten, um die beste Balance für das Auto zu finden. Genauso ist es im Business.» Gleichzeitig machte er deutlich, wie hart der Wettbewerb im Valley ist. Jeder will hier Fuss fassen. Das führt dazu, dass die grösste Konkurrenz direkt vor der Haustür sitzt und dass es dadurch schwieriger wird, Investoren zu finden.
Später gab uns Marie-Astrid Langer, US-Korrespondentin der NZZ, spannende Einblicke in die aktuellen Trends des Valleys:
- Der Boom rund um künstliche Intelligenz (KI)
- Robotaxis
- Chips
- Deep Fakes
- Die wachsenden Spannungen zwischen den USA und China im Hinblick auf Industriespionage
Besonders der zweite Trend wurde für uns greifbar: Wir hatten die Gelegenheit, ein Robotaxi selbst zu testen. Das Gefühl, sich vollständig auf die Technik zu verlassen, war anfangs ungewohnt, aber nach wenigen Minuten fühlte sich die Fahrt erstaunlich normal an.
Tag 4 – Von Swisscom bis Apple: Ein Tag voller Kontraste
Nach einem Besuch bei Tsecond, die die Speicherung von Daten auf Festplatten revolutionieren wollen, und einem Teams Call mit dem Gründer in Indien ging es weiter zum Swisscom Outpost in Palo Alto. Dort werden Innovationen und Technologien identifiziert, die für den Schweizer Markt nutzbar gemacht werden können. Auch hier wurde betont, wie anders der Mindset im Valley ist: Selbst die verrücktesten Ideen finden Anklang – und wenn jemand sagt, eine Idee sei «interessant», heisst das wiederum oft genau das Gegenteil.
Am Nachmittag hielt Jeff Cabili einen Workshop zur nonverbalen Kommunikation bei Pitches. Er erklärte, wie man mit seiner Präsenz den Raum einnimmt, warum Füllwörter wie «like» oder «basically» vermieden werden sollten und gab einen praktischen Tipp: «Wenn du bei der nächsten Präsentation nervös bist, lauf vorher ein paar Stockwerke hoch und runter – das steigert dein Dopaminlevel!» Bevor der Tag mit einer ausgelassenen Halloween-Party zu Ende ging, erfüllte sich jeder Apple Fan einen Traum: der Besuch im Apple Visitor Center, direkt neben dem ikonischen Apple Park.
Tag 5 – Abschluss mit Elevator Pitches
Was eigentlich wie ein Highlight klang, entpuppte sich als Ernüchterung: Die Elevator Pitches von Startups aus verschiedensten Regionen, konnten mit den europäischen Standards nicht mithalten. Einige Firmen erschienen gar nicht, während andere mit überladenen Folien oder mangelhafter Vorbereitung auffielen. Ein Drittel der Präsentierenden überschritt die vorgegebenen drei Minuten so deutlich, dass die Moderatorin gezwungen war, sie kurzerhand aus dem Meeting zu werfen – und dabei wollen diese Startups Geld, um weiterhin zu überleben. Abgerundet wurde die Woche dann doch noch mit einem Highlight, nämlich einer Sunset Cruise – leider nur ohne Sunset, dafür mit schöner Abendstimmung.
Fazit
Ein besonderer Dank gilt den Dozierenden Sebastian Früh und Rahel Haymoz, die diese aussergewöhnliche Erfahrung ermöglicht und mit ihrer Organisation den Study Trip zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben. Das Silicon Valley hat uns gezeigt, was es wirklich bedeutet, Innovation zu leben. Es ist ein Ort, an dem Mut, Tempo und Flexibilität entscheiden, wo aus Fehlern gelernt wird und aus kleinen Ideen grosse Geschichten entstehen. Gleichzeitig wird klar: Nicht alles ist so perfekt, wie es von aussen den Anschein macht. Der Trip hat uns inspiriert, einfach mal zu machen, auch wenn der Erfolg nicht garantiert ist. «Just do it» – auf unsere eigene Art.
Marco Lemmenmeier studiert Digital Business Management im 5. Semester und hat als Teilnehmer des „Studytrip Silicon Valley“ den Beitrag verfasst.