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An­yon­ga­seo aus Süd­ko­rea

Anyongaseo (Hallo) aus Südkorea!
Mein Name ist Ingrid Bronecker. Das fünfte Semester meines Teilzeitstudiums in Digital Business Management, an der Fachhochschule Graubünden (FHGR), habe ich gemeinsam mit meinem Partner in Südkorea verbracht.

Obwohl unsere Fachhochschule keine Partnerhochschule in Südkorea hat, habe ich beschlossen, mich davon nicht abhalten zu lassen. Als Freemoverin habe ich somit den gesamten Aufenthalt von A - Z selbst geplant und mir meinen Wunsch erfüllt - ein Auslandsemester in Busan, Südkorea zu
absolvieren.

Der Anfang war gemacht, nachdem ich von meinem Arbeitgeber Siemens Healthineers International AG die Zustimmung erhielt und danach an der FHGR meine Bewerbung für ein Auslandsemester einreichte. Danach fing auch schon die Vorbereitung für die Bewerbung an der Universität in Südkorea an. Ich hatte mich für die Pusan National University (PNU) entschieden, eine staatliche Universität in Busan, die im März 1946 gegründet wurde.

Die Bewerbung stellte sich als wohl grösste Herausforderung heraus, da verschiedene Dokumente im Original, teilweise mit Apostille zu versehen waren und in einem bestimmten Zeitfenster per Post in Busan eingehen mussten.

In der Zwischenzeit hatte ich bereits eine Untermieterin für meine Wohnung gefunden und erste Vorbereitungen für das südkoreanische Visum getroffen.

Nachdem auch das erledigt war, kam Mitte Juli die Zusage von der PNU, was recht spät erschien, wenn man berücksichtigt, dass die Uni dort in weniger als einem Monat beginnen sollte. Somit ging es als letztes daran, Flugtickets zu buchen und eine Wohnung in Busan zu suchen.

Anfang August durfte ich mich für die Module einschreiben. Aufgrund der damals sieben Stunden Zeitverschiebung mit Südkorea geschah dies um vier Uhr morgens. Ich hatte mich für die Module Conflicts in the Middle East, Organizational Behavior, Understanding Korean Culture, The Politics of Cybersecurity, Cultural Ethics of Digital Technology and AI und Quality Management entschieden.

Am 21. August flogen wir mit etwas übergewichtigen Koffern erstmal für sieben Stunden nach Abu Dhabi und dann weiter nach Seoul für sechs Stunden. Der KTX-Schnellzug brachte uns mit ca. 240 Km/h in etwa zweieinhalb Stunden nach Busan.

Unser Airbnb Apartment ist ca. eine Stunde von der Uni entfernt, was sich aber definitiv lohnt, da wir direkt am Meer wohnen und Meerblick haben.

Was hier am Alltag besonders bemerkenswert ist, ist dass wir keine Wohnungsschlüssel haben. Die gesamte Wohnung ist technologisch sehr fortgeschritten, da alles nur mit Codes geöffnet wird und ja, die WCs sind wirklich so ausgestattet, wie man gesagt bekommt, mit Heizung, Dusche, Trockner und automatischer Spülung.

Die Uni hat am Bahnhof eine eigene Pusan National University Haltestelle und ein eigener Bus fährt uns durch den Campus.

Ein Gedränge gibt es in Südkorea nicht, wie man wahrscheinlich bei der Anzahl Einwohnende erwarten könnte, alle stehen einfach an. Hier warte ich beispielsweise auf den Bus zur Uni.

Die Vorlesungen finden alle auf Englisch statt und dauern 75 Minuten. Anders als bei uns an der FHGR wechseln wir für jede Vorlesung den Raum und sogar das Gebäude. Die meisten Vorlesungen fanden für mich in diesen Gebäuden statt.

Es gibt an der PNU keine einheitliche Pause, wie wir es in der Schweiz kennen. Man entscheidet normalerweise selbst, wie man seinen Stundenplan gestaltet und ob man sich somit eine Mittagspause einplanen möchte. Da ich dies bei der Einschreibung nicht wusste, hatte ich somit von Montag - Donnerstag alle Module durchgehend ohne Pause.

In jeder Vorlesung gilt Anwesenheitspflicht und bei drei Abwesenheiten fällt man durch das Modul durch. Zu spät kommen wird zwar bei manchen Dozierenden toleriert, doch die 15 Minuten für die Wege zwischen den Vorlesungen können recht stressig sein, da der Campus an sich schon eine eigene Stadt ist. Pro Semester sind etwa 34’000 Studierende an der PNU eingeschrieben.

Busan ist die zweitgrösste Stadt in Südkorea und liegt direkt am Meer. Die maritime Lage spiegelt sich in der kulinarischen Vielfalt wider, da Fisch und Meeresfrüchte sehr beliebt sind. Der Jagalchi Markt in Jung-gu ist ein Fischmarkt, der in ganz Südkorea sehr bekannt ist.

Der frische Fisch, der hauptsächlich von älteren Damen verkauft wird, kann direkt in den Restaurants im ersten Stock zubereitet und verzehrt werden. Es geht recht brutal zu, da die Tiere noch lebendig zubereitet werden. Aale, die als Spezialität gelten, werden beispielsweise lebendig gehäutet. Wir haben uns dann doch lieber für den bereits fertigen Fisch entschieden.

Zu jeder Mahlzeit werden viele kleine Nebenspeisen angeboten, welche zum Gericht einfach dazugehören. Meistens handelt es sich dabei um fermentiertes Gemüse wie Kohl, Rettich, Gurken oder Lauch, welches mit einer speziellen Chili-Mischung gewürzt wird. Das wird mir wahrscheinlich am meisten fehlen, wenn ich zurück bin.

Durch das Modul Understanding Korean Culture und unsere Reisen über die verlängerten Wochenenden, war es mir möglich der Kultur und der tragischen Geschichte des Landes näher zu kommen.

Südkorea hat kulturell einiges zu bieten. Beim Besuch des Königspalastes Changdeokgung in Seoul haben wir uns sogar mit den traditionellen Hanboks eingekleidet.

Der Besuch an der Demilitarized Zone (DMZ) sowie des dritten-Tunnels war für mich besonders beeindruckend, vor allem, weil wir direkt auf Nordkorea rüber schauen konnten.

Das Gamcheon Culture Village in Busan vermittelt durch seine bunten und kunstvoll gestalteten Häuser einen einzigartigen Kontrast zu den schmerzhaften Ereignissen der Vergangenheit.

Die alte Hauptstadt Gyeongju, welche im Südosten liegt, vermittelt sehr viel Geschichte und wird ihrem Namen «Museum ohne Mauern» gerecht. 

Auf der Vulkaninsel Jeju-do bin ich das erste Mal auf einen Vulkan auf 1950m gewandert, den Hallasan. Dieser Vulkan hat bei dem Ausbruch damals auch die Manjanggul Lava Tubes geformt.

Als Land ist Südkorea sehr sicher. Man kann das Handy oder die Tasche offen liegen lassen, oder aber auch alleine in der Nacht unterwegs sein und muss sich überhaupt nicht fürchten. Es gibt eine gewisse Gemeinschaft, welche spürbar ist, nicht nur in Südkorea, sondern auch in China und Japan war dies so extrem zu spüren.

Respekt spielt in der Kultur eine sehr wichtige Rolle, was bei jeder Begegnung mit anderen Menschen spürbar ist. Im ÖV wird dies beispielsweise deutlich, da kein Lärm verursacht wird und die Menschen sich, wenn überhaupt, sehr leise unterhalten. Obwohl Koreaner:innen im Allgemeinen eher schüchtern und zurückhaltend sind, sind sie neugierig. Des Öfteren kam es vor, dass ich gefragt wurde, woher ich komme. Zwar stellte sich die Sprache als Herausforderung dar, vor allem in den ersten drei Wochen, doch inzwischen funktioniert der Austausch ohne grosse Mühe. Um sich zu bedanken, verbeugen sich die Menschen hier. Was anfangs recht ungewohnt war, ist inzwischen vollkommen normal.

Busan hat verschiedene Hochhäuser, unter anderem den Haeundae LCT The Sharp Landmark Tower. Es ist mit 411.6 Metern das zweithöchste Gebäude in Südkorea. Im obersten, 100. Stock befindet sich eine Aussichtsplattform und ein Restaurant.

Als wir dort waren, hat es leider geregnet. 

Was anfangs erstaunlich war, ist die durchgehende Sauberkeit, sei es in der Stadt, auf den Strassen oder am Bahnhof - nirgendwo findet sich Littering, was fast unmöglich erscheint, da es kaum öffentliche Abfalleimer gibt.

Ausserdem hat es unzählige öffentliche Toiletten, welche ebenfalls sehr sauber sind. Es wird sehr grosser Wert auf Hygiene gelegt.

Obwohl wir erwartet hatten, dass die Luft in Südkorea sehr verschmutzt sein würde, war dies nicht der Fall. Es wird ebenfalls viel Wert auf Ökologie gelegt, sodass auf der gesamten südlichen Halbinsel nur Busse fahren, welche mit Wasserstoff angetrieben werden. Es gibt zudem fast ausschliesslich nur elektro- und wasserstoffgetriebene Fahrzeuge und der Abfall wird sogar bis auf Vinyl getrennt.

Es war für mich wichtig, mein Auslandsemester an einem Ort zu verbringen, der mich herausfordert und neues lehrt.

Die Zeit in Südkorea hat mir Einblicke in die asiatische Kultur gewährt, die doch sehr anders als unsere ist. Es war schön zu sehen, wie die Menschen sich auf diesem Teil der Welt gegenseitig respektieren, wertschätzen und helfen.

Durch die Sprache, die komplett anders ist als jede Sprache, die ich je gehört habe, und die dazugehörigen Zeichen, die jetzt zwar langsam einen Sinn ergeben, habe ich gelernt, mich anzupassen.

Ich konnte neue Freundschaften schliessen und Orte bereisen, die ich mir nie hätte erträumen können. Ich bin unendlich dankbar für alles, was ich während meines Auslandsemesters erleben durfte und bedanke mich herzlichst bei allen, die in irgendeiner Weise dazu beigetragen haben.

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