In meiner Bachelorarbeit für den Studiengang Computational und Data Science war es mir wichtig, dass ich beide Studienschwerpunkte beachtete. Somit kam es zu meiner Bachelorthesis: «Anwendung von Physics-Informed Neural Networks (PINNs) zur Simulation von Strömungen».
Meine Bachelorarbeit umfasst damit beide Studienschwerpunkte. Der Computational Fachbereich wird durch die Anwendung von Strömungssimulationen und der Data Science Bereich durch die Anwendung von Deep Learning abgedeckt.
Hierbei wurde in dieser Arbeit untersucht, wie PINN’s optimal für die Strömungssimulation umgesetzt werden können. Bei PINN’s handelt es sich um eine neue Art von Lösern für Partielle Differentialgleichungen, welche durch die Arbeit von (Raissi, Perdikaris & Karniadakis, 2017) vorgestellt wurden.
Konventionelle Methoden wie die Finite-Elemente-Methode werden numerisch auf einem Gitter gelöst. Im Gegensatz hierzu kommt die Lösung mittels eines neuronalen Netzes ohne reguläres Gitter aus. Dabei wird die Eigenschaft von Neuronalen Netzen, genutzt als universeller Funktionsapproximator zu agieren.
Dies wird anhand der Darstellung eines neuronalen Netzes in Abbildung 1 erklärt.
Dem neuronalen Netz werden Punkte auf der Domäne, sogenannte Kollokationspunkten, als Inputs gegeben. Diese bestehen für ein Strömungsproblem in 2D aus deren räumlichen Koordinaten 𝑥 & 𝑦 und physikalischen Grössen Dichte 𝜌 sowie dynamische Viskosität 𝜈. Als Output erwarten wir dann den korrekten Druck, sowie die Geschwindigkeitsvektoren u beziehungsweise v (Geschwindigkeitsvektoren in x- & y Richtung).
Eine Verteilung der Kollokationspunkte kann in Abbildung 2 betrachtet werden. Hierbei wird die Verteilung der Kollokationspunkte auf einer räumlichen 2D Domäne von 1 x 1 Meter dargestellt. Die Verteilung, Anzahl und Anordnung kann frei gewählt werden.
Nun muss man das Neuronale Netz dazu bringen korrekt, der Physik entsprechend, eine Vorhersage zu treffen. Hierbei werden in der Verlustfunktion die inkompressiblen Navier-Stokes Gleichungen nach null umgesetzt. Dies wird dann in die Verlustfunktion des neuronalen Netzes eingebunden. Durch ein Training des neuronalen Netzes, versucht dieses die Verlustfunktion zu minimieren. Ist die Summe der drei Gleichungen über alle Kol-lokationspunkte nun gleich null, so ist die physikalische Gleichung erfüllt und das Problem „perfekt“ gelöst.
Hierbei muss man jedoch noch einen zweiten Teil in die Verlustfunktion miteinbinden. Dies sind die Rand-bedingungen, welches unser Problem einschränken. So gehen wir beispielsweise von Reibungsfreiheit an den Rändern der Domäne aus. Dies führt dazu, dass die Geschwindigkeitsvektoren an den Rändern gleich null sein müssen. Insofern, können wir einen zusätzlichen supervised Term zu der Verlustfunktion hinzufügen, welcher prüft, ob die vorhergesagten Werte an den Rändern null sind.
In dieser Bachelorarbeit wurden mehrere klassischen Probleme aus dem Bereich der Strömungslehre gelöst. So konnte erfolgreich die Lid-driven cavity veranschaulicht in Abbildung 3a sowie die Strömung durch einen Kanal, veranschaulicht in 3b gelöst werden.
Bei der Lid-driven cavity handelt es sich um ein Problem, wobei ein Quader, welches nur am Deckel offen ist, mit 1 𝑚/𝑠 überströmt wird. Dabei entsteht eine statische Lösung in Form eines Wirbels, wie in Abbildung 3a ersichtlich ist. Bei der Strömung durch den Kanal handelt es sich um ein Rohr, welches beidseitig offen ist. Zudem wird eine Reibungsfreiheit an den Rändern angenommen. Dieses Problem lässt sich analytisch lösen. Hierbei bildet sich wie in Abbildung 3b ersichtlich ein parabolisches Geschwindigkeitsprofil ab.
Beide Probleme konnten mit einem PINN gelöst werden, wenngleich auch nicht zu gleicher Genauigkeit, wie dies mit nummerischen Lösern möglich wäre.
Weiter konnte in dieser Bachelorarbeit die Grenzen von PINN’s aufgezeigt werden. Wurden die Probleme in Konfigurationen höherer Reynolds-Zahlen gelöst, so konnten die Problemstellungen ohne die Einbindung von Simulationsdaten aus nummerischen Simulationen, nicht gelöst werden. Die Reynoldszahl beschreibt dabei die Turbulenz einer Strömung, gegeben durch:
Re = (p x v x L) / 𝜇
wobei
𝑟 ℎ𝑜 = Dichte des Fluids [𝑘𝑔/𝑚³] | 𝐿= Charakteristische Länge [𝑚] |
𝑣 = Geschwindigkeit des Fluids [𝑚/𝑠] | 𝜇= Dynamische Viskosität [𝑃𝑎𝑠] |
Abschliessend konnte dann in Bezug auf die Lid-driven cavity mit Einbindung von Simulationsdaten ein Sur-rogated Model (ein Model, welches über einen Parameterraum vorhersagen kann) erfolgreich trainiert werden. Hierbei war es in der Laage über einen Bereich von Reynolds-Zahlen 100 bis 1000 eine korrekte Vorhersage auf die Domäne zu machen.
Abschliessend konnte diese Bachelorarbeit das Potential sowie die Probleme von PINN’s aufzeigen. Hierbei gibt es sicherlich noch einige Forschungslücken, da die Methodik noch relativ neu ist (Original Paper von (Raissi et al., 2017). Dabei wird der grosse Vorteil von PINN’s darin gesehen, da sie im Vergleich zu nummerischen Methoden, sofern sie genau genug trainiert wurden, in der Lage sind in einer hohen Auflösung die Lösung vorherzusagen.
Die Erkenntnisse dieser Arbeit waren, dass PINN’s optimalerweise in Kombination mit simulierten Daten trainiert werden sollten. Somit können die Vorzüge beider Systeme optimal genutzt werden.
Abschliessend möchte ich mich noch bei meinem Auftraggeber der maXerial AG für die Unterstützung während der Bachelorarbeit bedanken.
Abbildungsverzeichnis
1 Neuronales Netz für PINN, eigene Darstellung erstellt mit: https://alexlenail.me/NN-SVG/ . . 1
2 Kollokationspunkte in einer 2D 1 × 1m Domäne, eigene Darstellung . . . . . . . . . . . . . . 1
3a 2d Lid-driven cavity, eigene Darstellung
3b Channel Flow, eigene Darstellung
Literatur
Raissi, M., Perdikaris, P., & Karniadakis, G. E. (2017). Physics Informed Deep Learning (Part I): Data-driven Solutions of Nonlinear Partial Differential Equations. arXiv preprint arXiv:1711.10561.
Dieser Blogbeitrag wurde von Benito Rusconi, Absolvent der Klasse CDS21VZ über seine Bachelorthesis verfasst.