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Teil­zeit ja, aber…

In den 90er-Jahren arbeitete ein Viertel aller Erwerbstätigen Teilzeit. Heute ist es laut BfS mehr als ein Drittel; der Trend steigt weiter an. Aber was bedeutet das für Arbeitgebende? Teilzeitarbeit kann vor allem kleine Betriebe vor grosse Herausforderungen stellen. Wir haben mit FHGR Alumnus Thomas Mächler über die Herausforderungen und Chancen gesprochen. Thomas ist Mitglied der Geschäftsleitung des Familienunternehmens Mächler AG, einem KMU mit 20 Mitarbeitenden, das vor allem in der Oberflächenbehandlung für den Metallbau tätig ist.

Thomas, du arbeitest seit 20 Jahren bei der Mächler AG im Kanton Schwyz und mittlerweile bist du Mitglied der Geschäftsleitung. Wie hoch ist dein Arbeitspensum?

Im Familienbetrieb arbeite ich 90 Prozent. Ab September werde ich aber organisationsbedingt auf 100 Prozent erhöhen. Ich arbeite seit 20 Jahren im Familienbetrieb und brauche etwas Abwechslung. Deshalb habe ich nebenbei noch ein Mandat von 20 Prozent bei Swiss Triathlon. Das Ziel wäre daher ein Pensum von 80–90 Prozent bei der Mächler AG.

Du hast 2023 den Bachelor in Betriebsökonomie mit Vertiefung Sport Management abgeschlossen. Weshalb arbeitest du dennoch weiterhin in einem Industriebetrieb und nicht im Bereich Sport Management?

(lacht) Wie gesagt, ich brauche die Abwechslung und besuche deshalb auch immer wieder Weiterbildungen. Vor ein paar Jahren hatte ich wieder das Bedürfnis, etwas Neues zu lernen. Zufällig bin ich auf das Studienangebot Sport Management gestossen. Da ich mich ehrenamtlich im Sportbereich engagiere, hat mich dieser Major überzeugt. Mit meinem betriebswirtschaftlichen Hintergrund konnte ich direkt ins dritte Semester einsteigen und die sportspezifischen Module besuchen. Mein sportliches Wissen kann ich nun beim Verband Swiss Triathlon einbringen.

Was konntest du aus dem Studium in deiner Arbeit umsetzen?

Da gibt es vieles: Rechtliche Aspekte, Führungsthemen oder Prozessoptimierung, um nur ein paar Themen zu nennen. Der Entwicklungsnachmittag ist zum Beispiel ein konkretes Projekt im Innovationsmanagement, das ich umsetzen konnte. Dieser Workshop findet bei uns regelmässig statt. An dem können Mitarbeitende Ideen einbringen oder Gespräche zu Themen lancieren, die im Arbeitsalltag zu kurz kommen.

Habt ihr diese Ideen auch schon umgesetzt?

Ja. Ein Wunsch der Mitarbeitenden hatte beispielsweise die Handhabung der Arbeitszeiten betroffen. Obwohl wir fixe Arbeitszeiten haben, können die Mitarbeitenden nun die Mittagspause kürzen, um an einem anderen Tag früher Feierabend zu machen.

Du bist seit Kurzem Premium-Mitglied bei FHGR Alumni. Was hat dich dazu bewogen, dem Netzwerk beizutreten?

Es ist spannend, in verschiedenen Verbänden und Vereinen dabei zu sein. Aber man sollte dieses Netzwerk auch aktiv nutzen, zu Veranstaltungen gehen und von den Inhalten profitieren. Wir besuchen spannende Unternehmen und bekommen neue Ansätze und Inputs. Die KI-Werkstatt im Mai fand ich sehr spannend, weil KI gerade in aller Munde ist.

In kleinen Industrie- und Handwerksbetrieben scheint Teilzeit nur sehr langsam anzukommen. Wie siehst du das?

Es wäre vermessen zu sagen, dass ich dagegen bin. Teilzeit kann einen Mehrwert bringen. Das habe ich selbst erfahren. Als ich in Chur studiert habe, hatte ich während den zwei Unterrichtstagen den Fokus auf anderen Themen als im Büro. Und so bin ich an den verbliebenen Tagen mit einer anderen Motivation und neuen Ideen ins Büro gegangen. Teilzeitarbeit ist bei uns nicht einfach, weil man bei uns in den immer gleichen Zweierteams arbeitet und die Prozesskette eingehalten werden muss. Wenn ein Auftrag angefangen hat, muss er in der Regel sofort zu Ende geführt werden. Fällt jemand aus, gibt es allerdings Springer. Wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin konkret nach Teilzeit fragt, würden wir das prüfen. Aber weniger als 80 Prozent wäre ohne entsprechenden personellen Ausgleich in unserem Unternehmen schwer umsetzbar. Vielleicht wäre es in einem gut funktionierenden Jobsharing möglich.

Wie spürt ihr den Fachkräftemangel?

Wir spüren ihn schon. Für die Lehrstelle als Industrielackierer:in EFZ/Lackierassistent:in EBA hatten wir vier bis fünf Bewerbungen. Wir können also nicht aus einem grossen Pool auswählen, obwohl wir Schnuppernachmittage anbieten und an Berufsmessen präsent sind. Aber mit den aufwändigen Messeständen der grossen Unternehmen können wir nicht mithalten.

Wie rekrutiert ihr neue Mitarbeitende?

Viel läuft über persönliche Kontakte. Wenn zum Beispiel ein Unternehmen den Betrieb einstellt, werden die Fachkräfte in der Regel direkt abgeworben. Ansonsten schreiben wir Stellen über soziale Netzwerke aus und tauschen uns mit anderen Unternehmen aus. Wir geniessen einen guten Ruf in der Branche und zahlen faire Löhne. Deshalb hatten wir bisher immer Glück, gute Fachkräfte zu finden.

Gibt es spezielle Arbeitsmodelle, die ihr euren Mitarbeitenden anbietet?

Da sind wir nicht sehr flexibel. Wenn die Maschinen laufen, müssen sie auch bedient werden. Bis auf die gewährte flexible Mittagspause sind wir da ziemlich eingeschränkt.

In welchen Arbeitspensen arbeiten deine Mitarbeitenden?

Die meisten Mitarbeitenden arbeiten Vollzeit im 100 Prozent-Pensum. Wir haben aber eine Person in der Buchhaltung, die 20 Prozent arbeitet. Und eine Person im 80 Prozent-Pensum, die sich zudem noch weiterbildet

Teilzeitarbeit wird auch bei Männern immer beliebter. Der Männeranteil in eurem Betrieb liegt bei etwa 80 Prozent. Wie gross ist die Nachfrage nach Teilzeitarbeit oder flexiblen Arbeitsmodellen unter den männlichen Mitarbeitenden?

Unsere männlichen Arbeitnehmer interessieren sich dafür praktisch gar nicht, obwohl ich das ja eigentlich vorlebe und offen gegenüber dem Thema bin. Ein Mitarbeiter hat konkret danach gefragt. Er kann jetzt früher anfangen und abends früher Schluss machen, damit seine Frau abends arbeiten kann. Sein Pensum beträgt aber weiterhin 100 Prozent. Dieses Modell ist aufgrund seiner Tätigkeit im Betrieb möglich.

Du liebst die Abwechslung. Wo geht dein Weg in Zukunft hin?

Meine letzte Weiterbildung ist noch nicht lange her. Ich werde weiterhin mit einem kleinen Pensum bei Swiss Triathlon arbeiten. Und wer weiss, vielleicht melde ich mich ja irgendwann für einen CAS-Lehrgang an der FH Graubünden an.

Text: Kathrin Ott

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