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Der Mond ist auf­ge­gan­gen: Der Rechner «Meton»

«Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen am Himmel hell und klar», dichtete Matthias Claudius 1779 in seinem «Abendlied». Ob voll und rund oder als schmale Sichel: Die verschiedenen Lichtgestalten des Mondes haben den Menschen immer fasziniert. Schon vor Tausenden von Jahren bauten Menschen Tempelanlagen, die auf die Bahn ausgerichtet sind, die der Mond am Nachthimmel zieht.

Nur war die Frage, wann genau Neu- oder Vollmond ist, stets schwierig zu beantworten. Denn das Sonnenjahr mit seinen 365.242 Tagen lässt sich rechnerisch mit den Mondphasen mit ihrer Länge von 29.53 Tagen nur schwer in Beziehung setzen. Im 8. Jahrhundert v. Chr. erkannten Astronomen in Babylon, dass sich der Zeitpunkt von Neu- oder Vollmond alle 19 Jahre wiederholt. Der Zeitraum von 19 Jahren entspricht fast exakt der Dauer von 235 ganzen Mondphasen, die in der Sprache der Astronomie Mondmonate heissen. Alle 19 Jahre zeigt der Mond zum selben Zeitpunkt des Jahres dieselbe Gestalt: Der erste Vollmond dieses Jahres war am 25. Januar, genauso wie 19 Jahre zuvor, am 25. Januar 2005, und ebenso in 19 Jahren, am 25. Januar 2043.

Mit dem Zahlenverhältnis 235/19 (235 Mondmonate / 19 Jahre = 12.368421… Mondmonate pro Jahr) war zwar schon viel gewonnen, doch das Rechnen blieb kompliziert. Das änderte sich im 2. Jahrhundert v. Chr., als es griechischen Wissenschaftlern gelang, die Mondzyklen mit dem sogenannten Mechanismus von Antikythera zu simulieren.

Ostern und der Vollmond

Der babylonische 19-Jahres-Zyklus wird heute «Meton-Zyklus» genannt, nach Meton von Athen, einem Astronomen und Mathematiker des 5. Jahrhunderts v. Chr. Über Meton selbst ist wenig bekannt, ausser dass er sich, wie alle Wissenschaftler seiner Zeit, intensiv mit dem Mond befasste. Das tun wir auch heute noch, dann etwa, wenn es um Ostern geht. Ostern ist ein «bewegliches» Fest, was bedeutet, dass das Kalenderdatum von Jahr zu Jahr variiert. Bestimmt wird das Osterdatum von Frühlingsanfang und Mondphase. Etwas vereinfacht lautet die Regel: Ostersonntag ist der Sonntag nach dem ersten Vollmond nach Frühlingsanfang (laut Kirchenregel stets am 21. März). Fällt dieser Vollmond selbst auf einen Sonntag, ist Ostern eine Woche später.

Auch als Grundlage für die Osterrechnung ist der Meton-Zyklus eine rechnerische Knacknuss geblieben. Am Institut für Multimedia Production der FH Graubünden zählen Programmieren und Visualisieren zu den grundlegenden Kompetenzen, und so hat sich Dozent Thomas Weibel zum Ziel gesetzt, den Meton-Zyklus als virtuell mechanischen Mondphasenrechner umzusetzen und als Webapp zur Verfügung zu stellen. Ähnlich wie der altgriechische Mechanismus von Antikythera bildet das Projekt «Meton» die Mondzyklen mittels Zahnrädern ab.

Zahnradgetriebe folgen eigenen Gesetzmässigkeiten. So muss ein Zahnrad mindestens 14 Zähne haben, damit sich die Zähne nicht verkeilen. Andererseits sind grosse Räder mit sehr vielen Zähnen schwer zu fertigen. Im Fall des Meton-Zyklus hilft etwas Mathematik: 235/19 ist gleich 47/14 * 70/19, und ein Getriebe mit dieser Verzahnung ist vergleichsweise einfach herzustellen. Zur Darstellung der Mondphase dient das Beispiel von Armbanduhren, bei denen eine Scheibe mit zwei Monden von einer Maske teilweise verdeckt wird, so dass immer nur ein Mond, teilweise oder voll, zu sehen ist. Weil diese Scheibe mit einer Umdrehung zwei volle Mondphasen abbildet, kommt das dritte der vier Zahnräder gar mit halb so vielen, nämlich 35, Zähnen aus. Ein Schalter schliesslich dient zum Wechseln zwischen Animation und augenblicklicher Mondphase; Buttons erlauben das Berechnen von Neu- oder Vollmond, sowohl in der Zukunft als auch in der Vergangenheit.

Mit dem Mondphasenrechner «Meton» lässt sich auch das Datum des nächsten Osterfests bestimmen: Der erste Vollmond nach Frühlingsanfang ist am Sonntag, 13. April. Und so fällt Ostern 2025 laut der alten Osterregel auf den darauffolgenden Sonntag, 20. April.

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