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Raus aus der Nach­hal­tig­keits-Bubble – rein in die tou­ris­ti­schen Rea­li­tä­ten

Die Studierenden des Masters Tourism and Change erkunden die weltgrösste Tourismusmesse in Berlin. In zahlreichen Meetings, Diskussionen und Spurensuchen lernen sie die Arbeit von NGOs und Nachhaltigkeitsinitiativen im Tourismus kennen, und analysieren die Unterschiede der Nachhaltigkeitsbemühungen der Schweiz, Österreichs und ihrer eigenen Heimatländer.

Im Rahmen der Vorlesung «Sustainable Tourism Management» besuchten die Studierenden des Masters Tourism and Change gemeinsam mit dem Blogautor die weltgrösste Tourismusmesse ITB (Internationale Tourismusbörse Berlin). Jährlich Anfang März kommen ca. 5‘600 Aussteller aus 190 Ländern, die in 27 zwei- und teilweise dreistöckigen Hallen mehr als 100‘000 B2B-Gästen touristische Angebote verkaufen wollen, nach Berlin. Wenn man im Tourismus arbeiten – oder forschen – will, sollte man mindestens einmal an der ITB gewesen sein, um die Dimensionen diese Branche zu verstehen, aber auch um Trends zu erkennen, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und anderes zu diskutieren. Ein umfangreiches Kongressprogramm im City Cube und zahlreiche Präsentationen und Diskussionen auf vier Bühnen ermöglichen das.

Auch der nachhaltige Tourismus spielt eine Rolle. In der Halle 4.1. – mittlerweile einer der wichtigsten Treffpunkte der «tourismuskritischen Szene» – stellen viele NGO wie der Roundtable Menschenrechte im Tourismus oder ECPAT (End Child Prostitution and Trafficking in Tourism) aus. Dort sind Reiseveranstalter mit Nachhaltigkeitsambitionen, deren Dachverbände und auch Labels wie Travelife und Klimaschutzorganisationen wie MyClimate aus der Schweiz vertreten.

Hier findet dann auch die erste Aufgabe für die Studierenden statt: In Kleingruppen sollen sie interessante NGOs oder Tourismusinitiativen interviewen und auf einem gemeinsamen Miro Board porträtieren. Fragen der Ziele, aber auch die Finanzierungsherausforderungen für kritische Nachhaltigkeitsarbeit stehen dabei im Mittelpunkt.

Am Stand der Österreich Werbung (ÖW) nimmt sich Katrin Erben, die Nachhaltigkeitszuständige, Zeit und stellt uns vor, was Österreich in Sachen nachhaltiger Tourismus macht. Mehr und mehr Tourismusverbände bewerben sich, um das noch relativ neue Umweltzeichen für Destinationen zu besprechen. Der Tourismus entwickelt sich vielerorts zum Lebensraummanagement, das die Interessen der lokalen Bevölkerung im Blick hat.

Die zweite grosse Aufgabe für die Studierenden: Wieder in Kleingruppen sollen sie sich sowohl mit dem Auftritt der Schweiz auf der Messe wie mit dem Tourismusstand ihres Heimatlandes auseinandersetzen und erforschen, ob und wie Nachhaltigkeit dort gesehen wird. Die Studierenden schwärmen aus und suchen die Messeauftritte Indiens, Pakistans, Venezuelas, Italiens, Bulgarien und Sloweniens, Kamerun und Nigerias sowie Chinas, Indonesiens und der Philippinen – diskutieren und analysieren, vergleichen und reflektieren.

Zwei aus der Studierendengruppe kennen sich bereits gut auf der Messe aus. Sie sind mit dem Nachtzug nach Berlin gekommen und standen bereits um 07:00 Uhr vor dem Halleneingang. Offizieller Einlass ist um 10:00 Uhr, aber mit der Bitte «Es ist kalt, dürfen wir schon rein?» liess sich die Security erweichen und ermöglichte drei ungestörte Stunden, in denen schon viele – noch fast leere Hallen – besichtigt werden konnten. Für alle anderen wird die Zeit zu kurz. Die Vielfalt der Angebote und die Grösse der Messe ist erschlagend.

Corona und die temporären Reisebeschränkungen scheinen weitgehend vergessen, der Rubel (oder eher der Yen, Dollar oder Euro) rollt wieder und die Apologeten des Wachstums übertreffen die kritischen Stimmen bei weitem. Klimawandel? Ja, natürlich ist das ein Thema – aber bisher erfolgreiche Geschäftsmodelle werden deswegen eher nicht geändert.

Eine der wichtigen Erkenntnisse dieses dichten Tages war es, dass wir an der FH Graubünden, in der Schweiz, in den Alpen – in einer relativen Nachhaltigkeitsbubble leben. Auch hier gibt es noch viel Optimierungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten auf dem langen Weg zum nachhaltigen Tourismus. Aber der Blick in die Auftritte der grossen, weiten Tourismuswelt zeigt auch, dass noch sehr viel Arbeit vor uns liegt. Die Studierenden des Masters Tourism and Change haben für sich die Überzeugung mitgenommen, dass sie einen Beitrag zur Transformation dieser weltweit wichtigsten Wirtschaftsbranche leisten wollen – und können.

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