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«leo­nar­do mul­ti­me­di­al» am Bil­dungs­tag Ju­gend­ar­beit Grau­bün­den

Mit der Digitalisierung ändern sich die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen, insbesondere im privaten Umfeld, weshalb diese Entwicklungen auch durch Fachpersonen der offenen Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) berücksichtigt werden müssen.

Am 19. Bildungstag Jugendarbeit Graubünden haben Personen, die in ihrem beruflichen Umfeld oder durch freiwilliges Engagement mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, über eigene Erfahrungen mit Kindern und Jugendlichen berichtet, ihr Wissen ausgetauscht und verschiedene Projekte vorgestellt. Dabei ging es um folgende Themen:

  • Integration der digitalen Medien in die OKJA
  • Reflexion der Grundprinzipien der OKJA mit Bezug zur Digitalisierten Jugendarbeit
  • Auswirkungen einer mediatisierten Gesellschaft und deren Bedeutung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen

In diesem Rahmen durfte ich das Projekt «leonardo multimedial» des Instituts für Multimedia Production vorstellen und einen spannenden Workshop mit den Teilnehmenden durchführen. Nach einem kurzen Input wurden drei Diskussionsrunden über Fragen zum Thema Digitalisierung in der Jugendarbeit durchgeführt. Die Teilnehmenden haben sich zunächst in zwei Gruppen aufgeteilt und sich über folgende zwei Fragen ausgetauscht und somit Potenziale für die Jugendarbeit ausgearbeitet:

  • Wie kann die Medienkompetenz von Jugendlichen systematisch in der offenen Jugendarbeit nutzbar gemacht werden?
  • Welche Chancen und Herausforderungen bringt es mit sich, neue audiovisuelle Plattformen/Formate (wie z.B. TikTok) in der Jugendarbeit zu nutzen?

Ihre Ideen haben sie auf einem Papiertischtuch festgehalten und diese mit Zeichnungen, Stickern, etc. miteinander verknüpft. Nach einem kurzen gegenseitigen Pitch wurden die Tische gewechselt und weiterdiskutiert. Die Diskussion zur letzten Frage «Wie können sich Jugendarbeiter in die Organisation von Medienprojekten einbringen?» fand anschliessend im Plenum statt.

Im Folgenden erhalten Sie einen Einblick in die spannenden Diskussionsergebnisse.

Wie kann die Medienkompetenz von Jugendlichen systematisch in der offenen Jugendarbeit nutzbar gemacht werden?

Zu Beginn der Diskussion über diese Frage haben sich die Jugendarbeitenden zunächst gefragt, was denn Medienkompetenz überhaupt beinhaltet. Nach einem regen Austausch waren sich alle einig, dass es nicht nur um die Medienkompetenz von Jugendlichen geht, sondern auch um die Medienkompetenz von Jugendarbeitenden. Auch sie müssen Wissen mitbringen, um sich dann mit Jugendlichen austauschen zu können. In diesem Austausch soll herausgefunden werden, was der Wissensstand von Jugendlichen ist, welche Formate und Medienkanäle sie nutzen und wo sie sich bewegen. Somit soll ihre Sichtweise zum Thema kennengelernt werden. Jugendarbeitende sollen auf diese Weise von Jugendlichen lernen und von ihrer Offenheit und Neugier profitieren können, denn sie sind diejenigen, die sich täglich in diesem Feld bewegen, jedoch soll ihnen im Austausch auch etwas Neues mitgegeben werden können, wie z.B. die rechtlichen Aspekte in der Nutzung von verschiedenen Medien: Was darf man, was nicht? Eine Möglichkeit wäre, den Jugendlichen einen aufklärenden Leitfaden mitzugeben, so dass ihnen in einem weiteren Schritt mehr Verantwortung in gemeinsamen Medienprojekten übergeben werden kann und somit konkrete Aufgaben von Jugendlichen übernommen werden können. Dafür muss aber zunächst die Beziehung zwischen Jugendarbeitenden und Jugendlichen aufgebaut werden, z.B. indem gemeinsam Projekte entwickelt werden, welche den Jugendlichen die Möglichkeit gibt, gehört zu werden. Die Jugendsicht zu verschiedenen Themen soll auf diese Weise sichtbar gemacht werden. Dies kann die Motivation zur Zusammenarbeit stärken, weil es sich um eine freiwillige Teilnahme handelt.

In der Diskussion wurde betont, dass Jugendarbeitende engagiert mitmachen und beobachten sollten, was in der digitalen Welt von Jugendlichen läuft, für welche Themen sie sich interessieren und über welche medialen Kompetenzen sie verfügen, die in Medienprojekten eingesetzt und somit gestärkt werden können.

Welche Chancen und Herausforderungen bringt es mit sich, neue audiovisuelle Plattformen/Formate (wie z.B. TikTok) in der Jugendarbeit zu nutzen?

Im Workshop fiel auf, dass die Jugendarbeitenden neue audiovisuelle Plattformen mehrheitlich als nützlich und positiv betrachten. Im Austausch wurden viele Marketing-Vorteile wie grössere Reichweite, Sichtbarkeit der Jugendarbeit und Werbung für die Angebote genannt. Es wurde diskutiert, ob soziale Medien allenfalls unterstützend für die berufliche Orientierung eingesetzt werden könnten. Ein weiterer Punkt war, dass solche neuen Plattformen die Möglichkeit bieten, die Beziehung mit Jugendlichen regelmässig zu pflegen. Die Jugendarbeitenden könnten sich vorstellen, solche Plattformen als Teil eines Projektes zu nutzen, indem sich auch Jugendliche aktiv beteiligen.

Solche Plattformen bieten jedoch nicht nur Vorteile, sondern bringen auch Nachteile mit sich. Als einer dieser Nachteile wurde die grössere Angriffsfläche erwähnt, die mit der Präsenz in sozialen Medien entsteht und die sowohl Jugendliche als auch Jugendarbeitende betrifft. Eine weitere Herausforderung stellt die regelmässige Pflege dieser Plattformen dar. Die Kontinuität muss gewährleistet werden, ohne aber die Jugendlichen mit zu viel Informationen und Angeboten zu überfluten. Zudem sollte eine Balance zwischen Online- und Offlinekommunikation gefunden werden, um die Vereinsamung in der digitalen Welt zu verhindern.

Wie können sich Jugendarbeiter in die Organisation von Medienprojekten einbringen?

Bei der letzten Frage ging es insbesondere um die Beziehung zwischen Jugendarbeitenden und Jugendlichen. Die Jugendarbeitenden waren der Meinung, dass sie sich nicht als Vorbilder darstellen sollten, sondern unterstützend durch Wissensaustausch und Zusammenarbeit. Jugendarbeitende sollen eigene Kompetenzen einbringen können und die Jugendlichen sowohl fachlich als auch strukturell unterstützen können. Verschiedene Materialien, Software und Hardware, sollen für die freie Nutzung zur Verfügung gestellt werden. Auf diese Weise können gemeinsame Medienprojekte realisiert werden. Dabei ist wichtig, dass man den Jugendlichen vertraut, ihnen bestimmte Verantwortlichkeiten zugesteht, sie machen lässt, ohne sich zu sehr einzumischen, sowie lobt und somit sowohl ihre Motivation als auch ihre Kompetenzen gestärkt werden. Durch diese Aufgaben und Funktionen sollen sie Anerkennung und eine Stimme bekommen.

Die Workshop-Teilnehmenden haben sich zudem überlegt, um welche Art von Medienprojekten es sich dabei handeln könnte. Es wurde betont, dass der visuelle Aspekt für Jugendliche sehr wichtig und interessant ist. Erwähnt wurden Projektideen wie Fotostory, Trailer für die Jugendarbeit, Instagram Reels, regionale Wettbewerbe sowie lokale Events und Publikationen. Dabei sollen sich die Jugendlichen selbst Themen aussuchen, die sie bewegen, diese verstehen und daraus Medienprojekte ausarbeiten. Für die Umsetzung solcher Medienprojekte sollen Interessensgruppen gebildet werden, die bei der Ideenumsetzung durch Jugendarbeitende unterstützt werden.

Unser Projekt «leonardo multimedial» stiess am Bildungstag auf grosses Interesse und bildete eine gute Grundlage für die drei Workshop-Fragen. Im Anschluss wurden verschiedene Gespräche über eine Zusammenarbeit und mögliche Projekte mit Jugendarbeitenden geführt – STAY TUNED!

Gizem Yilmaz ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Multimedia Production (IMP).

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