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Ka­li­for­ni­en: Von in­spi­rie­ren­den Be­geg­nun­gen und fas­zi­nie­ren­der Viel­falt

Im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Projektmitarbeiterin im Fachbereich Bildungsinformatik am Institut für Informationswissenschaft wurde mir die Möglichkeit geboten, Partnerschaften im Ausland zu prüfen, insbesondere im Bereich angewandter Zukunftstechnologien. Kalifornien erwies sich dabei als naheliegende Wahl aus verschiedenen Gründen. Zum einen besteht für mich eine persönliche Verbindung zu Kalifornien, da ich als Kind und Jugendliche das Glück hatte, viele meiner Sommerferien mit meiner Familie in diesem amerikanischen Bundesstaat zu verbringen. Zudem lebt und arbeitet mein Bruder mittlerweile in San Francisco, und ich hegte schon seit längerem den Wunsch, ihn dort zu besuchen. Darüber hinaus beheimatet Kalifornien zahlreiche renommierte und innovative Hochschulen im Bereich der angewandten Zukunftstechnologien. Ich führte umfangreiche Recherchen durch und kontaktierte erfolgreich geeignete Institutionen zwecks eines unverbindlichen Austauschs. So konnte ich am 27. April schliesslich meine Reise nach San Francisco antreten.

University of San Francisco, Data Institute

Mein erster Stopp führte mich zum Data Institute der University of San Francisco. Im Herzen des Financial Districts wurde ich von Diane Woodbridge, der Programmdirektorin, und Victor Palacios, dem Direktor für Datenwissenschaftliche Partnerschaften, herzlich empfangen. Wir tauschten uns intensiv über potenzielle Kooperationen in den Bereichen Lehre und Forschung aus. Im Verlauf des Gesprächs stellten wir fest, dass die Fachhochschule Graubünden mit dem Master of Science in Data Visualization und die University of San Francisco mit dem Master in Data Science ähnliche Masterstudiengänge anbieten. Vor zwei Wochen fand bereits ein digitaler Austausch zwischen Vertreter:innen unseres Instituts und des Data Institutes statt, um diesbezüglich mögliche Synergien zu erkunden. In Zukunft werden weitere detaillierte Gespräche stattfinden, um gemeinsame Vorhaben in der Lehre konkret zu planen und umzusetzen.

Victor Palacios, Rahel Haymoz, Diane Woodbridge

Wenn man in Kalifornien ist, dann darf ein Roadtrip der Küste entlang selbstverständlich nicht fehlen. Deshalb entschieden sich mein Bruder und ich, ein Auto zu mieten und der Küste entlang bis nach San Diego zu fahren. Nach einem typisch amerikanischen Brunch in Carmel und einem kurzen Burger-Stopp irgendwo zwischen Carmel und Los Angeles, übernachteten wir in Marina del Rey und nutzten die paar Stunden Aufenthalt, um Venice Beach zu erkunden. Anschliessend setzten wir unsere Reise in Richtung San Diego fort und checkten im Hotel on La Jolla, etwa 20 Minuten nördlich von Downtown San Diego, ein. La Jolla weckte viele schöne Kindheits- und Familienerinnerungen in mir, und ich stellte fest, dass sich in den neun Jahren, seit ich das letzte Mal da war, nicht allzu viel verändert hat. Den Abend liessen wir auf der Dachterrasse des Hotels mit Blick aufs Meer ausklingen.

University of California San Diego (La Jolla), Department of Education Studies

Am darauffolgenden Morgen ging es dann nach einem herzhaften Frühstück zum Universitätscampus in die Hügel von La Jolla. Ich verabredete mich in einem Campuscafé mit Amanda Datnow, Professorin für Erziehungswissenschaft. Während ich auf sie wartete – ich war natürlich lieber früher dort, falls ich mich auf dem Campus verirren würde – beobachtete ich die Studierenden und erinnerte mich mit einem nostalgischen Gefühl an meine eigene Studienzeit zurück. Mit dem kleinen Unterschied, dass hier unter Palmen mit Blick aufs Meer studiert wird.

Amanda Datnow und ich unternahmen einen Spaziergang über den Campus und tauschten uns dabei über unsere Forschungstätigkeiten aus. Sie hat zahlreiche Studien durchgeführt, in denen sie die Nutzung von Daten für die Verbesserung des Unterrichts, die Zusammenarbeit von Lehrpersonen und die Führungsrolle untersucht hat. Darüber hinaus arbeitet sie an Projekten, die auf einen tiefgreifenden Wandel im Bildungsbereich abzielen. Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt auf der Zusammenarbeit mit Schuldistrikten in Form von Forschungs-Praxis-Partnerschaften. Sie engagiert sich für Gerechtigkeit und Exzellenz im öffentlichen Bildungswesen. Auch der Fachbereich Bildungsinformatik der FH Graubünden ist stark daran interessiert, Bildungsdaten bestmöglich zu nutzen und zu vernetzen, um das Bildungswesen in der Schweiz zu verbessern. Um mögliche Synergien und Forschungskooperationen genauer zu analysieren, werden die beiden Fachbereiche im Juni weitere Gespräche führen.

Campusbibliothek der University of California, San Diego

Nach dem Treffen mit Amanda in La Jolla setzten mein Bruder und ich unsere Reise fort und fuhren nach Downtown San Diego, wo wir uns ein herzhaftes Mittagessen in der bekannten Cheesecake Factory gönnten. Anschliessend unternahmen wir einen Verdauungsspaziergang im Seaport Village entlang des Hafens von San Diego und genossen den Blick auf die imposanten Flugzeugträger (dabei wurde mir erneut bewusst, dass die USA die weltweit größte Militärmacht sind). Danach machten wir uns auf den Weg zum Flughafen, um unsere «Heimreise» nach San Francisco anzutreten. Dort erwartete uns - wenig überraschend - typisch nebliges Herbstwetter.

University of Stanford, Graduate School of Education

Mein letzter Stopp auf meiner Reise führte mich nach Stanford, zu einem beeindruckenden Universitätscampus. Dort hatte ich eine Verabredung mit Lisa Overbey, einer Doktorandin im letzten Jahr an der Graduate School of Education. Sie ist Teil des Kernteams eines äusserst spannenden Projekts namens «World Education Reform Database» (WERD). Diese Datenbank sammelt Informationen über politische Änderungen im Bildungssystem aus 183 Ländern, die seit den 1970er Jahren gemeldet wurden und umfasst über 10’000 Einträge. WERD ist derzeit die umfassendste länderübergreifende und längsschnittliche Sammlung von Bildungsreformen. Anhand der Daten können beispielsweise der Umfang des Reformdiskurses in jedem Land im Laufe der Zeit ermittelt werden. Darüber hinaus liefert die Datenbank Hinweise, um andere Bildungs- und gesellschaftliche Ereignisse vorherzusagen.

Das Projektteam plant nun Fallanalysen mit ausgewählten Ländern durchzuführen, und die Schweiz wurde als ein solches Fallbeispiel erwähnt. Unser Fachbereich Bildungsinformatik an der FH Graubünden beschäftigt sich intensiv mit der Bildungslandschaft und den Bildungsdaten der Schweiz und kann daher die benötigten Informationen sammeln und zur Verfügung stellen. Wir sind daher sehr erfreut, dass wir mit Lisa weitere vertiefende Gespräche führen dürfen und die Möglichkeit besteht, an diesem spannenden Projekt mitzuwirken.

Während meiner letzten Tage in Kalifornien hatte ich das Glück, die atemberaubende, vielseitige Natur rund um San Francisco zu geniessen. Die Stadt gewährte mir schliesslich kurz vor meiner Abreise einen klaren Blick auf ihr Wahrzeichen - die Golden Gate Bridge - ohne den berühmten Nebel. Es war ein beeindruckendes Erlebnis, das ich als krönenden Abschluss meiner Reise in Kalifornien betrachtete.

Mit einem Rucksack voller beeindruckender Momente mit spannenden und lehrreichen Gesprächen sowie wiedererwachten Kindheitserinnerungen, kehrte ich am 8. Mai 2023 wieder in die Schweiz zurück. Ich war erneut begeistert vom stets optimistischen, positiven Mindset der Amerikaner:innen sowie der Freundlichkeit. Ob oberflächlich oder nicht, man fühlt sich stets willkommen und als Kunde oder Gast geschätzt. Es gab aber auch bewegende Momente auf dieser Reise, die mich nachdenklich stimmten. Insbesondere die Stadt San Francisco verdeutlichte mir diese Widersprüchlichkeit, welche dieses Land eben auch an sich hat, sehr offensichtlich. Auf der einen Seite gibt’s da die riesigen Villen der erfolgreichen Tech-Leute des Silicon Valleys - die Immobilienpreise in San Francisco sind aktuell die höchsten des Landes - und auf der anderen Seite steht man plötzlich inmitten eines ganzen Stadtviertels, geprägt von einem humanitären Elend. Diese Gegensätze zeigten sich mir in einer Art und Weise, wie ich es in meinem bisherigen Leben noch nicht gesehen habe und wie man es sich in der Schweiz kaum vorzustellen kann. Es ist für mich ein Privileg, in einem Land wie der Schweiz leben zu dürfen. In den vielen Gesprächen, die ich mit Amerikaner:innen geführt habe, wurde mir immer wieder gesagt, dass ich im besten und sichersten Land der Welt lebe. Dennoch bleibt Kaliforniern für mich ein wunderbarer Fleck Erde und ein Stück Heimat - immer wieder eine Reise wert.  

Rahel Haymoz ist wissenschaftliche Projektmitarbeiterin am Schweizerischen Institut für Informationswissenschaft (SII).

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