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Stö­run­gen in in­ter­na­tio­na­len Zu­lie­fer­ket­ten fordern Schwei­zer Un­ter­neh­men

Störungen in internationalen Zulieferketten beeinträchtigen Schweizer Unternehmen bei der Beschaffung von kritischen Teilen aus ausländischen Märkten. Ein geplantes Innosuisse-Projekt der Fachhochschule Graubünden unterstützt sie bei der Anpassung ihrer Beschaffungsstrategien.

Eine Befragung von 433 Schweizer Unternehmen im Juli 2022 hat gezeigt, dass über die Hälfte der Firmen massgeblich unter Störungen in den internationalen Lieferketten leiden. Sie erlebten Produktionsengpässe bei Lieferanten durch die Covid-Pandemie, Transportverzögerungen und -verteuerungen aus wichtigen Beschaffungsmärkten wie China sowie Beschaffungsengpässe durch Handelshemmnisse mit Zulieferländern und die kriegerischen Ereignisse in der Ukraine. Betroffen waren vor allem elektronische Bauteile, Metalle, Kunststoffe, Verpackungsmaterialien und Energie. Die Störungen in den Zulieferketten bewirkten eine Verteuerung und eine Verknappung von Einkaufsteilen und unzufriedene Kunden, weil Liefertermine nicht eingehalten werden konnten. Die Unternehmen erlitten Umsatzverluste, weil Produkte nicht geliefert werden konnten. Die Kundschaft ist zu anderen Lieferanten abgewandert. Es entstanden Reputationsschäden durch Lieferverzögerungen und ein beträchtlicher Mehraufwand durch das Suchen von alternativen Bezugsquellen, Preisverhandlungen mit Lieferanten und die Beschaffung von zusätzlicher Liquidität. Zur Bewältigung der Störungen in den Zulieferketten setzen die Unternehmen auf die Kommunikation mit ihren Kunden, um sie trotz Lieferproblemen halten zu können, auf Preiserhöhungen, die sie an die Kundschaft weitergeben und den Aufbau ihrer Lager.

Die Frage ist, wie lange diese Massnahmen wirksam sind. Irgendwann ist die Geduld der Kundschaft erschöpft, sind die Preisobergrenzen erreicht und die Lager aufgrund der steigenden Zinsen zu teuer. Langfristig müssen die Unternehmen ihre Beschaffungsstrategien an die Unsicherheiten in ihren Zulieferketten anpassen. Und genau dies planen drei Viertel der befragten Unternehmen in der Schweiz. Sie wollen die Lieferanten in Länder diversifizieren, die unterschiedliche Risikopotentiale aufweisen. Sie verlagern die Beschaffung zurück nach Europa und unterstützen die lokalen Lieferanten bei der Automatisierung ihrer Produktion, um Kostennachteile auszugleichen. Sie re-designen Produkte, um von kritischen Teilen unabhängiger zu werden. Sie recyclen schwer beschaffbare Teile, indem sie diese aus gebrauchten Produkten ausbauen, überholen und wieder in der Produktion verwenden. Sie integrieren Produktionsschritte ins Unternehmen, um von anderen Herstellern unabhängig zu werden und sie bauen ein Frühwarnsystem auf, um entstehende Risiken in den Beschaffungsmärkten rechtzeitig zu erkennen und darauf reagieren zu können.

Die Fachhochschule Graubünden will die Unternehmen gerade auch in der Region Südostschweiz dabei unterstützen, ihre Zulieferketten widerstandsfähiger zu machen. Sie plant ein Innosuisse-Projekt, das die zu erwartenden Störungen in den internationalen Lieferketten analysiert, Strategien entwickelt, wie die Beschaffung gegenüber solchen Störungen resilienter gemacht werden kann und die Erkenntnisse in den am Projekt beteiligten Unternehmen implementiert. Das Projekt ist derzeit in Entwicklung. Der Start ist im Oktober 2023 geplant. Firmen, die Interesse haben, an diesem Projekt mitzuwirken, können sich unter ralph.lehmann@fhgr.ch melden

Prof. Dr. Ralph Lehmann ist Professor für International Business an der Fachhochschule Graubünden. Mehr zum Forschungsprojekt «Störungen in internationalen Lieferketten» gibt es auf: fhgr.ch/internationale-zulieferketten. Alle vier Wochen diskutiert die Fachhochschule Graubünden an dieser Stelle aktuelle Themen aus Studium und Forschung.

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