Nach dem enormen Erfolg der Studienexkursion im Sommersemester 2023 nach Scuol zum Thema inklusiver Tourismus folgte am 16. Mai 2024 prompt die Fortsetzung: Unter Leitung von Natalie Sanabria-Riesen (Studienassistentin des Master-Studiums «Tourism & Change») und Nicolai Scherle (Lehrbeauftragter an der FH Graubünden sowie Prof. für Intercultural Management & Diversity an der FOM Hochschule in München) fuhren die Studierenden des Master-Studiums «Tourism & Change» diesmal nach Arosa, das sich seit einigen Jahren gezielt als barrierefreie Destination positioniert.
Erneut gelang es dem Organisationsteam, Stephan Gmür – einen der renommiertesten Schweizer Promotoren für einen barrierefreien Tourismus und Gründer der WheelLife Solutions GmbH – für die Exkursion zu gewinnen. Der seit einem tragischen Sportunfall auf einen Rollstuhl angewiesene Consultant skizzierte im Rahmen eines knapp zweistündigen Rundgangs in Arosa die vielfältigen Herausforderungen von Tourist:innen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Gerade angesichts der von beträchtlichen Höhenunterschieden geprägten Destination sind Gäste, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, immer wieder vor Ort in ihrer Mobilität eingeschränkt. Stephan Gmür machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass nicht nur Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen auf Rollstühle angewiesen sind, sondern vielfach auch sogenannte Silver Ager; ein Besucher:innen-Segment, das vor dem Hintergrund des demographischen Wandels zunehmend – auch aus ökonomischer Perspektive – an Bedeutung gewinnt.
Inzwischen ist in Arosa schon einiges passiert, um das Angebot für Gäste mit körperlichen Beeinträchtigungen attraktiver zu machen: So wurde mit dem JST Mountain Drive ein Rollstuhl entwickelt, der sich auf naturbelassenen Bergwanderwegen einsetzen lässt und Steigungen bzw. Gefälle bis zu 32% bewältigen kann. Darüber hinaus wird – wie Stephan Gmür vor Ort erzählte – in einer Projektphase der lokale Seilgarten für Rollstuhlfahrer:innen erschlossen. Einen zentralen Höhepunkt der Exkursion markierte das Faktum, dass die Buchli Orthopädie- und Rehatechnik AG aus Chur dankenswerterweise vier Rollstühle zur Verfügung stellte, mit denen sich die Studierenden in wechselnden Konstellationen vor Ort bewegen konnten. Vor diesem Hintergrund kam es – auch aus exkursionsdidaktischer Perspektive – immer wieder zu wertvollen Perspektivwechseln, die bleibende Eindrücke hinterließen; selbstverständlich auch im Hinblick auf die benötigte Muskelkraft bei der Bewältigung von Steigungen. Ein weiteres Highlight stand nach einem gemeinsamen Mittagessen auf dem Programm: der inzwischen weltberühmte Eichhörnliweg von Arosa. In Kooperation mit Alisa Bitschnau von der DMO Arosa Lenzerheide sollten die Studierenden in einem Projekt sondieren, wie man diesen Erlebniswanderweg für sehbehinderte Menschen attraktiver gestalten kann. Im Vorfeld hatten sich die Studierenden sowohl in die einschlägige Fachliteratur eingearbeitet als auch mit Benchmark-Destinationen vertraut gemacht, die in diesem Angebotssegment bereits Erfahrungen sammeln konnten. Kaum hatte man den Eichhörnliweg erreicht, tauchten bereits die ersten Eichhörnchen auf. Die Reaktionen ließen angesichts der Putzigkeit der Baumbewohner nicht lange auf sich warten: Im Spannungsfeld von cute andawesome wurden immer wieder die Smartphones gezückt und die Tiere gefüttert. Darüber hinaus wurden die einzelnen Informationsstationen des Eichhörnliwegs unter die Lupe genommen, galt es doch aus anwendungsorientierter Perspektive zu sondieren, wie die Destination diesen Erlebniswanderweg für Tourist:innen mit Sehbehinderung zukünftig attraktiver gestalten kann. Die konkreten Vorschläge wurden im Anschluss an die Besichtigung des Eichhörnliwegs mit der Destinationsvertreterin diskutiert.
Mit zahlreichen spannenden Einblicken und neuen Erkenntnissen ging es anschließend mittels Postbus zurück nach Chur. Abschließend sei angesichts der erneut ausgesprochen positiven Resonanz auf die Exkursion vermerkt, dass im kommenden Sommersemester wieder eine Exkursion zum Thema inklusiver Tourismus geplant ist – mit welchem Schwerpunkt wird allerdings noch nicht verraten!
Natalie Riesen-Sanabria ist wissenschaftliche Projektmitarbeitern am Institut für Tourismus und Freizeit (ITF) an der FH Graubünden und Nicolai Scherle ist Lehrbeauftragter an der FH Graubünden.