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Ge­mein­de­fi­nan­zen – (k)ein Buch mit sieben Siegeln

Wussten Sie, dass der durchschnittliche kommunale Steuerfuss im Jahr 2016 im Kanton Graubünden bei 96.7 Prozent lag? Oder, dass der Selbstfinanzierungsgrad eine typische Gemeindefinanzkennzahl ist und anzeigt, inwieweit Neuinvestitionen durch selbst erarbeitete Mittel finanziert werden können? Warum interessiert im Jahr 2018 überhaupt das Betrachtungsjahr 2016?

Autor: Gian Andri Hässig

Für die einen sind es Computer, für andere die moderne Kunst, wieder für andere die Gemeindefinanzen: ein «Buch mit sieben Siegeln». Eine Redewendung, wenn jemand zu einer Sache überhaupt keinen Zugang hat. Doch Gemeindefinanzen sind auch für interessierte Bürgerinnen und Bürger zu verstehen.

Grundlegend für die Beurteilung der finanziellen Lage einer Gemeinde sind sogenannte Finanzkennzahlen. Gebräuchliche Kennzahlen sind der Selbstfinanzierungsgrad, der Selbstfinanzierungsanteil, die Zinsbelastung, der Kapitaldienstanteil, die Nettoschuld je Einwohner oder auch der Investitionsanteil. Diese Kennzahlen sind verdichtete Informationen und dienen den Verantwortlichen als Führungsinstrument bezüglich der Finanzpolitik.

Der Selbstfinanzierungsgrad beispielsweise zeigt, in welchem Ausmass die Nettoinvestitionen durch selbst erwirtschaftete Mittel finanziert werden können. Ein Selbstfinanzierungsgrad von 100 Prozent bedeutet eine volle Abdeckung der getätigten Nettoinvestition durch selbst erarbeitet Mittel. Ein Wert unter 100 Prozent hingegen besagt, dass die Investitionen der Gemeinde durch Aufnahme von Fremdmittel finanziert werden müssen, was einer Neuverschuldung gleichkommt.

Gute Finanzlage der Bündner Gemeinden
Bis jeweils ein Jahr nach Rechnungsabschluss haben die Gemeinden dem Kanton die Jahresrechnung sowie den Bericht der Geschäftsprüfungskommission einzureichen. Das Amt für Gemeinden konnte somit kürzlich über die Gemeindefinanzen 2016 informieren, welche ein durchwegs positives Bild zeigen. Alle erwähnten Kennzahlen entwickeln sich im Mehrjahresvergleich positiv. Die finanzielle Situation der einzelnen Bündner Gemeinden unterscheidet sich jedoch stark. Mehrheitlich verfügen die Gemeinden jedoch über eine solide finanzielle Basis und scheinen für die Zukunft gerüstet zu sein.

Positiv zu werten ist auch die Entwicklung des durchschnittlichen kommunalen Steuerfusses, der seit mehreren Jahren zurückgeht. 19 Gemeinden senkten im Jahr 2016 ihren Steuerfuss, wohingegen nur eine Gemeinde diesen erhöhte. Auch die kumulierten Schulden aller Bündner Gemeinden konnten reduziert werden und belaufen sich für das 2016 auf total 935,9 Millionen Franken. Umgerechnet auf die Bevölkerung des Kantons Graubünden ergäbe dies eine durchschnittliche Pro-Kopf Schuld von 4‘738 Franken.

Rosige Zukunft?
Für die zukünftige Entwicklung der Gemeindefinanzen wird relevant sein, wie sich die Wasserzinsen und der Tourismus entwickeln. Auch werden mögliche Unternehmenssteuerreformen Einfluss auf die Gemeindefinanzen haben. Welche Chancen und Risiken sich zukünftig für die Gemeinde ergeben, wird unter anderem Thema des ersten Bündner Gemeindeforums sein, welches durch das Zentrum für Verwaltungsmanagement (ZVM) der HTW Chur neu ins Leben gerufen wurde. Regierungsrätin Barbara Janom Steiner, Vorsteherin des Departementes für Finanzen und Gemeinden, wird sich dazu äussern.


GIAN ANDRI HÄSSIG

Gian Andri Hässig arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Verwaltungsmanagement (ZVM).

Dies ist ein Blog-Beitrag der HTW Chur.

 

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