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#Fil­mIs­Not­Dead – Analoge Fo­to­gra­fie im di­gi­ta­len Zeit­al­ter

Online-Meetings, Social Media und Streaming: Die Digitalisierung ist in unserem Leben mittlerweile allgegenwärtig – und macht auch vor der Fotografie keinen Halt. Allerdings feiert die zunehmend verdrängte Film-Fotografie ein kleines Comeback.

Fotos schiessen, bearbeiten und teilen – und das innert kürzester Zeit, fast überall und zu jeder Zeit. Kein Wunder hat die digitale Fotografie um die Jahrtausendwende die seit Jahrzehnten dominierende Film-Fotografie verdrängt.

Die Digital- und Smartphone-Kameras sind nicht nur schneller, kompakter und benutzerfreundlicher, sondern ermöglichen im Nachhinein auch eine einfachere Bearbeitung. Mit Programmen wie beispielsweise Photoshop kann jeder einzelne Pixel verändert werden und im Web finden sich tausende Filter und Presets, welche auch Amateur-Fotograf*innen zur Verfügung stehen. Die Digitalisierung hat der Fotografie also zahlreiche Möglichkeiten eröffnet. Doch ist sie dadurch wirklich besser geworden?

Das hängt wohl stark davon ab, wofür ein Foto geschossen wird. Viele der digitalen Bilder landen heute auf sozialen Netzwerken, die dafür gemacht wurden, um möglichst schnell und einfach Bilder zu teilen. Doch genau auf dieser Plattform ist auch eine wachsende Community zu finden, die ihre Freude an der langsameren Film-Fotografie (wieder-) findet. Allein unter dem Hashtag #FilmIsNotDead werden fast 20 Millionen Posts aufgelistet.

Vom Instagram-Burnout zur Slow Photography

Mit Jahrgang 1999 gehöre ich zu der Generation, die mit dem schnellen technologischen Wandel aufgewachsen ist. Wir sind uns weder gewohnt, eine Filmrolle in eine Kamera zu stecken noch nach dem Fotografieren auf die entwickelten Bilder zu warten.

Wir haben die Möglichkeit, mit Smartphones oder Digitalkameras beinahe überall zu jeder Zeit Bilder zu schiessen und diese zu bearbeiten. Statt sie in ein Fotoalbum zu kleben, laden wir sie auf Instagram und anderen Plattformen hoch. Schnell, einfach und unkompliziert.

Ironischerweise könnte das Medium ein möglicher Auslöser dafür sein, dass sich Menschen wieder der analogen Fotografie zuwenden. Zum einen vielleicht schlicht und einfach durch den Look von Film-Fotos, der von zahlreichen Filtern zu kopieren versucht wird. Zum anderen durch den Drang, gegen den Strom zu schwimmen und damit aus der Masse herauszustechen.

Social Media und insbesondere Instagram bieten für viele eine Plattform, um sich selbst von seiner bestmöglichen Seite zu präsentieren. Als Folge wird der Instagram-Feed zunehmend zu einer anderen Realität, einer Scheinwelt. Es ist verlockend einfach, den Menschen zu glauben, die ihr vermeintlich perfektes Leben in viereckigen Kacheln teilen – und sich damit zu vergleichen. Ständig vernetzt und mit neuen Bildern, Texten und Videos konfrontiert zu werden, kann schnell überfordern.

Zugfahrt von Montreux nach Bern / Olympus AZ-1 Zoom (35mm)

Möwen am Seeufer von Montreux / Minolta Dynax 700si (35mm)

Zugfahrt von Montreux nach Bern / Olympus Az-1 Zoom (35mm)

Genau deshalb könnte das Fotografieren mit Film auch ein kleines Comeback feiern. Denn es bringt uns automatisch dazu, langsamer zu werden und auch bewusster zu fotografieren. Zum einen sind die Kameras, Filmrollen und die Entwicklung nicht gerade günstig. Zum anderen hat man oft nur einen Versuch. Denn das geschossene Foto vor Ort anzuschauen, geht nicht. Um wirklich gute Ergebnisse zu erzielen, setzt man sich bewusster mit Material, Ort, Licht und Motiv auseinander.

Oft ist zu lesen, dass Fotos im digitalen Zeitalter durch das massenhafte Verbreiten immer mächtiger geworden seien. Jedoch ist vielleicht gerade das Gegenteil der Fall: Durch die Möglichkeit, ein Bild beliebig oft zu teilen, zu bearbeiten und zu verändern, könnte es zunehmend an Bedeutung verlieren.

Blick auf das Matterhorn / Minolta Dynax 700si (35mm)

Der Berner Weihnachtsmarkt kurz vor dem Lockdown / Olympus AZ-a Zoom (35mm)

Ein geschlossenes Berner Kino während dem Lockdown / Minolta Dynax 700si (35mm)

Hinter der Herstellung eines Film-Fotos steckt viel Zeit und Aufwand, weshalb es wertvoller scheint, es in den Händen zu halten. Das Zusammenspiel zwischen Lichtverhältnissen, Filmrolle, Entwicklungsart und Kamera macht es zu einem Unikat.

Fazit

Das Comeback der Film-Fotografie könnte ein Ausdruck dafür sein, dass wir in einer zunehmend virtuellen Welt den Wert von Physischem wiederentdecken. Allerdings wird aber auch ungern auf den Luxus der neuen Technologien verzichtet, denn unter anderem der Trend, dass auch analoge Bilder bei sozialen Medien geteilt werden, zeigt, dass es heute beinahe unmöglich ist, ohne digitale Medien auszukommen. Trotzdem werden 100 Smartphone-Fotos niemals den Charakter eines selbst entwickelten Film-Fotos mit sorgsam ausgewähltem Motiv kopieren können.

Vielleicht geht die Begeisterung von Film-Fotografie aber auch über die Fotografie an sich hinaus. Sie ist mehr als die Kameras, die wir benutzen oder die Filme, die wir wählen. In einer Welt, in der alles in einem Sekundenbruchteil an uns vorbeizuziehen scheint, erinnert uns der Prozess hinter der analogen Fotografie daran, dass es manchmal okay ist, einen Gang zurückzuschalten, langsamer und bewusster zu werden. Um alles und jeden um uns herum wahrzunehmen und jeden Augenblick in uns aufzunehmen. Frame für Frame

Dieser Beitrag erschien erstmals bei Digezz.ch.

Milena Zürcher studiert Multimedia Production an der Berner Fachhochschule.

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