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Erster Mei­len­stein für bo­den­un­ab­hän­gi­ges Be­schnei­ungs­sys­tem!

Dieter Müller berichtet in seinen Blogbeitrag, wie mit einem bodenunabhängigen Beschneiungssystem das Abschmelzen der Gletscher vermindert werden kann.

Die globale Erwärmung ist eine Tatsache und in vielen Bereichen auch sichtbar: die Gletscherschmelze im Alpenraum, in den Anden und im Himalaya erreicht Höchstwerte. Das Eisvolumen als Reserve für Trink- und Bewässerungswasser nimmt stetig ab. Massnahmen auf vielen Ebenen sind notwendig. Zusammen mit anderen Hochschulen und zwei Industriepartnern versucht die FH Graubünden in einem Projekt, diesem Trend entgegenzuwirken. Durch eine neue Technologie soll die Gletscherschmelze verzögert werden. Mithilfe eines bodenunabhängigen Beschneiungssystems sollen Gletscher mit Schmelzwasser beschneit werden, um den Abschmelzprozess zu verzögern.

Im Juni erreichte dieses Innosuisse-Projekt, das im September 2019 gestartet wurde, nun den ersten Meilenstein: Die Entwicklung der Technologie, die es ermöglicht, sich im Kriechen befindende Gebiete (Gletscher, Permafrost) ab einem Seilsystem zu beschneien, ist so weit fortgeschritten, dass das Konzept nun an einer Testanlage geprüft und optimiert werden kann.

Damit hat das Team (FH Graubünden, Hochschule Luzern, FH Nordwestschweiz, NTB Buchs, Bartholet Maschinebau AG, Bächler Top Track AG und Academia Engiadina) ein grosses Etappenziel erreicht. In den ersten zehn Monaten des Projekts wurde intensiv am Konzept für die Produktion des Schneiseils gearbeitet. Dabei wurden das Schneiseil statisch und dynamisch modelliert und die Seilreiter (Klemmen) entworfen. Ausserdem wurden der spezielle Sprühkopf für die Beschneiung und das Leitungssystem entwickelt. Diese bilden zusammen nun ein integrales System. Die Detailkonstruktion konnte abgeschlossen werden und die ersten Teile sind in Produktion.

Um eine solche Anlage zu planen und zu betreiben, sind unterschiedliche Abklärungen nötig, die mit neu entwickelten Tools gelöst werden können. Mit dem entwickelten Schneeproduktionstool etwa können für einen konkreten Standort mittlerweile die notwendigen Parameter für die Planung der Anlage ermittelt werden. Dies sind etwa die Anzahl Düsen, die Volumenströme, Druckverluste, die Wasserabkühlung in der Leitung, Linienlasten, Windlasten, Flanschkräfte, oder auch die Spannungen in den Rohren. Damit ist es aber noch nicht getan. Für ein gut funktionierendes Beschneiungssystem sind auch die meteorologischen und glaziologischen Standortfaktoren sehr wichtig. Die Forschenden arbeiten auch intensiv an den Tools zur Evaluation dieser Einflüsse. Das Projekt ist aber so weit fortgeschritten, dass es nun an einem möglichen Einsatzort geprüft werden kann.

Mit dem positiven Entscheid anlässlich eines Projektreviews durch Innosuisse im Juni 2020 starten wir nun hoffnungsvoll in die nächste Phase. Vorexperimente an einer Kleintestanlage an der Talstation Diavolezza sind für den kommenden Winter 2020/21 geplant. Damit sollen die Schneiköpfe und das Rohrsystem auf die Funktionsfähigkeit unter natürlichen Umwelteinflüssen wie Temperatur und Wind geprüft und optimiert werden. Mit einer Pilotanlage am Corvatsch soll dann im Winter 2021/22 das Gesamtkonzept zur Produktionsreife entwickelt werden.

Eine nachhaltige Lösung zur Verzögerung der Schmelzprozesse der Gletscher ist also auf gutem Weg. Dies ist von grosser Bedeutung, denn es bedeutet gleichzeitig die Sicherstellung des Trink- und Bewässerungswasser in vielen weltweit bevölkerten Bergregionen, die primär vom Gletscherwasser abhängig sind.

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