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Ein Tag im Leben einer Stu­den­tin in Be­triebs­öko­no­mie an der FH Grau­bün­den

Kurz vor halb «viel zu früh» klingelt mein Wecker. Zumindest einer der zehn, die ich mir jeden Morgen stellen muss, damit ich den frühen Vogel nicht verpasse und nur noch seinen weit entfernten Cousin, die nachmittags Nebelkrähe, zu Gesicht bekomme. Gefällt mir das frühe Aufstehen? Um es mit Shakespeares Worten auszudrücken: Hamlet, Akt II, Szene IV, Vers 48 «Nein!» Denn, wenn ich mich morgens aus meinen sechs Bettdecken schäle, sehe ich leider nicht aus wie die nächste Miss Schweiz, sondern eher wie Dornröschens böse Stiefschwester mit einer Spiegelaversion.

Nach der bitter nötigen Verschönerungssession im Badezimmer bin ich bereit mich dem Tag zu stellen. Schnell noch ein Brot geschmiert. Da ich schon wieder viel zu spät dran bin, findet das Frühstück wie an so manchem Tag in meinem Auto statt. Einfach königlich! Endlich in meiner edlen Kutsche, einem friedhofsgrauen Toyota, Platz genommen habe ich noch genau 5 Minuten Zeit mir zu überlegen, ob ich diesen Tag nicht doch noch frühzeitig abbrechen und einfach weiterschlafen soll. Da es sich aber so schwierig wieder aus der Makeup-Schicht und der Kleidung schälen lässt, entscheide ich mich dagegen. Würde ich Kaffee trinken, hätte ich jetzt definitiv bereits meine dritte Tasse «to go» in der Hand, da dies aber nicht der Fall ist, gebe ich mich mit meiner Wasserflasche zufrieden.

Einmal in dem Horror von Morgenverkehr angelangt, bereue ich es den Gedanken zurück ins Bett zu gehen so leichtfertig verworfen zu haben. Die anderen Verkehrsteilnehmenden verhalten sich nämlich wie verirrte Mäuse in dem Labyrinth aus Strassen, auf der verzweifelten Suche nach ihrem Käse, oder der Arbeitsstelle. Als würden sie denselben Weg nicht jeden Tag 5-mal die Woche fahren.
Anhand der Fahrweise der älteren Dame in ihrem Monster SUV direkt vor mir bin ich mir da allerdings doch nicht mehr so sicher. Kann man sein Auto wie einen Rammbock verwenden, wenn man die richtige Abfahrt im Kreisverkehr verpasst hat? Grundsätzlich ja, aber halt nur einmal.

Eine glorreiche Erfahrung später, bin ich nach genau 35 Minuten und ein paar zerquetschten, immer noch 10 Minuten vor der im Navigationssystem angegebenen Zeit, in Chur angelangt. Das Parkhaus City West ist mein kostspieliger Parkplatz des Vertrauens. Es ist wie der schräge Onkel, der sich immer Geld leiht, das er, Ehrenwort, wieder zurückzahlen wird. In jedem Fall, das Geld war nie wieder gesehen. Aber es ist für eine gute Sache und Bildung ist nun mal nicht günstig.

Wenig später laufe ich durch die Gänge der Fachhochschule Graubünden, an der ich Betriebsökonomie studiere. Wie jeden Tag, wenn ich hier bin, laufe ich an demselben Gemälde vorbei: einem grünen Bildnis einer Kirsche, das im Aufgang des E-Gebäudes hängt.

Heute habe ich als erstes Recht, und danach das gleichnamige Modul. Es ist eines meiner Favoriten, obwohl ich klar sagen kann, dass mir bisher jedes Modul wirklich gut gefällt und ich mit meiner Wahl mehr als nur zufrieden bin. Meine bisherige Schulausbildung habe ich in Österreich gemacht. Meine Verwirrung, was das Thema Schweizer Notensystem anbelangt, ist daher sicherlich verständlich. Im Land der Sachertorte ist nun mal die Eins die Bestnote und nicht die Sechs. Wenn meine Kollegen aus dem schönen Vorarlberg nur wissen würden, dass ich hier regelmässig Fünfer schreibe und auch noch stolz darauf bin. Das würde mir, ohne Erklärung, sicherlich niemand glauben.

Hier an der FH Graubünden rasen die Pausen so schnell an mir vorbei, wie der ganze restliche Tag. Als würde sich der Minutenzeiger mit dem Stundenzeiger auf der Uhr ein Wettrennen liefern und kläglich verlieren. Zweimal geblinzelt und schon neigt sich ein weiterer Tag an der FH Graubünden dem Ende zu.

Ich laufe wieder durch die Gänge, wieder an demselben Gemälde mit dem rosa Apfel vorbei. Ich trete durch die Haupttüre an die frische Luft und atme einmal tief ein. Dabei fällt mir ein: Weder habe ich im E- Gebäude Unterricht noch kenne ich ein Gemälde, das auf diese Beschreibung passt. Mir fröstelt es und ich ziehe meine Jacke enger um die Schultern. Ich bin vielleicht einfach müde. Es war schliesslich ein langer Tag. Von draussen höre ich die Schulklingel, die läutet. Eine Minute. 5 Minuten. 10 Minuten. Der Ton wird immer lauter und lauter. Es klingelt nun direkt neben meinem Ohr. Verzweifelt versuche ich dem Klingeln zu entkommen, doch ich kann mich nicht von der Stelle rühren. Irgendwann muss das doch ein Ende haben!

Erschrocken fahre ich hoch. Das ist Wecker Nummer 10, der mich da gerade aus den Träumen reisst. Aufstehen! Scheint er mir genervt zuzurufen. 07.00 Uhr. Jetzt muss ich aber los, zu meinem gewöhnlichen Tag als Studentin der Betriebsökonomie an der FH Graubünden in Chur. Und ich bin schon wieder zu spät!

Sophia Böss studiert Betriebsökonomie an der Fachhochschule Graubünden. Diesen spannenden Text hat sie im Rahmen des Moduls «Schreiben, Reden und Visualisieren» geschrieben.

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