Wie in jeder Krise, gilt auch in der Klimakrise: Erst Bildung ermöglicht ein sinnvolles und gezieltes Handeln, das auf Verstehen von Problemen und Ursachen beruht!
Bedeutung von Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung
Bildung kann ein Teil der Antwort auf die Herausforderungen von Klimawandel und Umweltproblematik sein. Bildung hilft die Probleme, deren Ursachen und Folgen zu verstehen und sich damit auseinanderzusetzen. Sie bildet die Grundlage für Veränderungen in der Einstellung und im Verhalten und somit für die erfolgreiche Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft.
Eine einheitliche Definition von «Bildung» lässt sich nicht finden. «Bildung» wird meist mit einem Studium verbunden, in welchem die Art und das Mass an Bildung festgelegt wird, welches dann in der Lehre an der Hochschule vermittelt wird. So kann Bildung als Wissen, Lernen sowie Kenntnis und Erkenntnis verstanden werden. Bildung ist aber mehr als das. Sie umfasst Individualität, Persönlichkeit sowie die Entwicklung von Fähigkeiten. Bildung ist ein Prozess, in dem man seine Persönlichkeit, seine Kompetenzen und sein Verantwortungsbewusstsein entwickeln kann.
Über die Frage, welchem Ziel Bildung dienen soll, gehen die Meinungen weit auseinander. Für die einen ist Bildung Selbstzweck und Voraussetzung sowie Möglichkeit sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Für andere ist es eine Ressource, ein Werkzeug, das in Form von Fachwissen und Kompetenzen nach ihrer ökonomischen Nützlichkeit zu beurteilen ist. Dieses ökonomische Verständnis von Bildung führt dazu, dass Hochschulen ihre Bildungsangebote vor allem am Arbeitsmarkt und den Erwartungen von Unternehmen ausrichten. Wie weit sich dieses Verständnis von Bildung an der jeweiligen Hochschule durchsetzt, hängt unter anderem auch davon ab, ob Studierende bereit sind die Bildungsangebote ihrer Hochschulen dahingehend kritisch zu hinterfragen, ob diese auch ihren eigenen langfristigen Interessen oder nur den meist eher kurzfristigen Erwartungen von Unternehmen dienen.
Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung
Das zentrale Anliegen der Nachhaltigen Entwicklung (NE) ist die langfristige Erhaltung der Lebensgrundlagen und die Sicherung einer möglichst hohen Lebensqualität für heutige und künftige Generationen. Diese Zielsetzung umfasst in der Definition der NE die ökonomische, ökologische und gesellschaftliche (=soziale) Dimension. Ein Hauptanliegen der NE ist es Zielkonflikte in den drei Dimensionen zu erkennen und eine einseitige, oft rein ökonomisch geprägte Entwicklung zu verhindern.
Durch Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) sollen Menschen dazu befähigt werden, die Gegenwart und Zukunft vor dem Hintergrund sozialer, ökonomischer und ökologischer Erfordernisse so mitzugestalten, dass gute Lebensbedingungen für nachfolgende Generationen mindestens genauso gewährleistet sind wie für die heute lebende. Mit einer BNE ist eine Bildung gemeint, die Menschen zu zukunftsfähigem Denken und Handeln befähigt, indem sie ihnen ermöglicht die Auswirkungen des eigenen Handelns zu verstehen und verantwortungsvolle, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
Aktuelle Herausforderung Klimawandel
Ursachen und Folgen des Klimawandels stellen aktuell eine der bedeutendsten globalen, aber auch lokalen Herausforderungen dar. Klimaexperten warnen schon seit Jahrzehnten vor den drastischen Folgen des Klimawandels, wenn der globale Treibhausgasausstoss nicht deutlich gesenkt beziehungsweise auf null reduziert wird. Laut Prognosen könnte die globale Durchschnittstemperatur bis 2100 bis zu fünf Grad steigen, was verheerende Folgen für Leben und Überleben in vielen Regionen der Welt hätte. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde 2020 weniger Kohlendioxid (CO2) freigesetzt. CO2 ist das wichtigste Treibhausgas. Das änderte aber nichts am langjährigen Trend: Die Treibhausgas- bzw. Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre stieg, und sie wird es auch weiterhin tun.
Bildung soll den Menschen helfen, die Komplexität des Klimawandels bzw. der damit zusammenhängenden Umweltproblematik zu verstehen, und sie dazu befähigen, eine aktive Rolle bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen zu übernehmen.
Wie in jeder Krise, gilt auch in der Klimakrise: Erst Bildung ermöglicht ein sinnvolles und gezieltes Handeln, das auf Verstehen von Problemen und Ursachen beruht! Der Klimawandel ist ein Schwerpunktthema in einer BNE. Damit ist er auch ein Aufruf zum Handeln an Bildungsakteure, wie zum Beispiel Hochschulen.
Rolle und Beitrag von Hochschulen
Gerade, aber nicht nur aufgrund der Aktualität und der Bedeutung der Klimakrise müssen sich Hochschulen Gedanken über die Ausrichtung ihres Bildungsangebots machen! Sie müssen sich fragen, ob sie sich weiterhin vor allem am Arbeitsmarkt und den Erwartungen von Unternehmen orientieren möchten oder Studierende vornehmlich und nicht nur nebenbei auch dazu befähigen wollen ihre Verantwortung in der Welt zu erkennen und aktiv wahrzunehmen.
Hochschulen haben bei der Vermittlung einer Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung (BNE) eine Schlüsselfunktion. Sie sind im Sinne von «Zukunftswerkstätten der Gesellschaft» besonders geeignet und in der Verantwortung ihren Beitrag zu einer NE zu leisten. Sie können und sollen Studierende für das Thema sensibilisieren, ihnen die Zusammenhänge und Zielkonflikte aufzeigen und sie dazu befähigen ihre eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erkennen und zu nutzen.
Mit der Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung (BNE) in der Lehre an Hochschulen wird somit die Voraussetzung geschaffen, dass sich Studierende fundiert und gezielt mit der Bedeutung und der gesellschaftlichen Relevanz einer nachhaltigen Zukunftsgestaltung befassen. Somit muss es eine zentrale Aufgabe von Hochschulen sein, das Thema BNE langfristig, integrativ und nicht nur punktuell im Lehrplan zu verankern und so das verantwortungsbewusste Denken und Handeln ihrer Studierenden zu fördern.
Prof., Dr. Phil. Ivan Nikitin ist an der FH Graubünden als Professor in Lehre und Forschung in den Bereichen Unternehmensverantwortung, Nachhaltigkeit und Umweltschutz tätig