«Ich glaube, dass es auf der Welt einen Bedarf von vielleicht fünf Computern geben wird». Mit dieser Aussage aus dem Jahr 1943 zeigte Thomas J. Watson, wie schwer es selbst für Fachleute sein kann, die Zukunft richtig vorherzusagen.
Die heutige IT-Welt sieht radikal anders aus als 1943: die globalen Ausgaben für den Betrieb und Ausbau von Rechenzentren belief sich im Jahr 2021 auf 235 Milliarden Dollar. Die zwei grössten Hyperscaler bedeckten mit ihren Serverräumen eine Fläche von 65 km². Das entspricht gut 2.5 mal der Grösse des Walensees!
Diesen Trend zu mehr Rechenleistung spürt man nicht nur in Kalifornien, auch an der Fachhochschule Graubünden nehmen wir die Nachfrage nach mehr Rechenleistung wahr. Der Heisshunger nach Computerleistung wird durch eine grosse Datenverfügbarkeit einerseits und Fortschritten im Bereich Machine- und Deep-Learning angetrieben. Daher stellt sich auch uns im DAViS die Frage, wie können wir in Zeiten von schrumpfenden Budgets genügend Rechenresourcen bereitstellen?
Durch einen glücklichen Zufall wurden wir durch die Swiss Data Alliance auf eine Versicherung aufmerksam die einen gebrauchten Computercluster, bestehend aus sechs Rechenknoten, fast gratis abzugeben hatte. Diese Chance wollten wir uns nicht entgehen lassen, da sich unser Institut noch immer im Aufbau befand und die Nachfrage nach Rechenleistung und IT-Infrastruktur ungebremst nach oben zeigte. Nach langwierigen Abklärungen mit dem Spender und nach Klärung von internen Bedenken, wurde uns die Maschine an die Schwelle unseres Gebäudes geliefert und mit Unterstützung der Informatikdienste im Serverraum eingebaut. Ab diesem Zeitpunkt war der effektive Nutzen dieses Hardwarepostens hauptsächlich abhängig von unseren Ideen, Motivation, Wissen und Erfahrung.
Gut ein Jahr später und mit einer steilen Lernkurve im Hochleistungsrechnen, ist der Cluster nun bereit Rechenjobs entgegenzunehmen. Natürlich können wir uns nicht mit den grossen Anbietern von Rechenleistung messen aber wir haben nun ein Instrument zur Hand, mit dem wir erste Schritte im verteilten Rechnen unternehmen können und es sogar unseren Studierenden erlaubt, Erfahrungen im Umgang mit einem Cluster zu sammeln.
Ein Cluster ist nicht einfach ein grosser und leistungsfähiger Rechner, sondern besteht aus einzelnen Computern, die wie ein Orchester zusammenarbeiten müssen, damit ein Musikstück gelingt. Wie im Orchester gibt es einen Dirigenten, im Cluster der Masternode genannt, der den Takt und die Einsätze der Musiker (im Cluster die Computenodes) koordiniert. Die einzelnen Computenodes müssen dann zum richtigen Zeitpunkt einen Teil der Arbeit übernehmen, damit sich aus den einzelnen Berechnungen ein fertiges Produkt entsteht.
Unser Cluster eignet sich daher für rechenintensive Aufgaben, die sich in kleinere Aufgaben aufsplitten lassen. Diese Aufgaben sind im Bereich Datenanalyse und Simulation anzutreffen. Dazu ist das DAViS nun bereit.
Text von Thomas Keller, er ist als Projektleiter am Institut für Data Analysis, Artificial Intelligence, Visualization und Simulation (DAViS) tätig.