In Zusammenarbeit mit dem Kirchner Museum und dem Davoser Heimatmuseum entwickelt die FH Graubünden eine Augmented Reality (AR) App für Gäste und Einheimische der Destination Davos. Mit dieser Smartphone-App kann der Gast das kulturelle Erbe von Davos auf eine immersive und partizipative Weise erleben. Zeitlich und inhaltlich steht die App in enger Verbindung mit der Ausstellung «Europa auf Kur», in welcher der Aufstieg von Davos vom verschlafenen Bergbauerndorf zum mondänen Kur- und Tourismusort sowie zum Treffpunkt der europäischen Wissenschafts- und Kulturszene beleuchtet wird, und die noch bis Ende Oktober im Kirchner Museum zu sehen ist.
Das Projekt untersucht, wie Sehenswürdigkeiten, Kunst, Geschichte sowie materielles und immaterielles soziokulturelles Wissen über die Schweiz mittels Augmented Reality in Form von neuen Nutzererlebnissen für eine technikaffine Zielgruppe zugänglich gemacht werden können. Es erforscht und erläutert den Produktionsprozess von der Kuratierung der Inhalte über die digitale Erweiterung und Bereitstellung für die App bis hin zur Verbreitung über die Plattform discover.swiss und bietet eine Vorlage für die Nachbildung durch andere Destinationen. Darüber hinaus wird ein innovativer Beitrag zur Erhaltung des materiellen und immateriellen Erbes der Schweiz geleistet.
Das Neuartige besteht darin, Inhalte, die den Menschen kaum bekannt oder zugänglich sind, für sie verfügbar zu machen und diese virtuellen Inhalte audiovisuell in einer Komposition mit der Realität zu präsentieren. Gerade junge Menschen lesen ungern lange Texte und bevorzugen audio-visuelle Darstellungen. Augmented Reality ergänzt also die Realität, anstatt sie vollständig zu ersetzen. Im Idealfall hat der Nutzer den Eindruck, dass die virtuellen und realen Objekte im selben Raum koexistieren. Die auf Android und iOS verfügbare App ermöglicht es, 2D/3D-animierte und/oder interaktive digitale Modelle zu betrachten, in Davos selbst, aber auch zuhause. Die vollständige App wird entlang von drei Themengebieten – Kunst und Kultur, Gesundheit sowie Sport – nahezu vierzig Sehenswürdigkeiten enthalten.
Vier geografisch einfach ablaufbare Routen führen durch Davos und dessen Umgebung und nehmen die App-Nutzerinnen und -Nutzer mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Die Schatzalpbahn-Route nimmt das berühmte ehemalige Sanatorium und heutige Hotel ins Zentrum; die Erstausgabe von Thomas Manns Roman «Der Zauberberg» wird kontextualisiert, ebenso ein Röntgenkabinett aus Zeiten der Tuberkulose-Therapien. Eine weitere Route, welche sich topologisch auf die Promenade fokussiert, beleuchtet das Schaffen von Ernst Ludwig Kirchner oder die braune Geschichte rund um die Ermordung des NSDAP-Landesgruppenleiters der Auslandsorganisation, Wilhelm Gustloff. Auf der Flüela-Route erwarten die Nutzerinnen und Nutzer Einblicke in die für Davos so wichtigen sanitarischen Erneuerungen, zudem wird die Kausalität zwischen Architektur und Heilverfahren (Stichwort Liegekuren) erklärt. Der für die Entwicklung von Davos so wichtige niederländische Unternehmer Willem Jan Holsboer kommt auf der Wildbodenhaus-Route zu Wort, gleichsam wird der reichen Wintersportgeschichte Platz eingeräumt. Die Pilotphase, in der die App mit realen Nutzerinnen und Nutzern getestet wird, startet diesen Sommer.
Simonne Bosiers ist Dozentin am Institut für Multimedia Production (IMP) der FH Graubünden. Alle vier Wochen diskutiert die Fachhochschule Graubünden an dieser Stelle aktuelle Themen aus Lehre und Forschung.